Sonntag, 1. April 2012

Johann Christian Fritsch: Eines Weimarischen Medici Muthmaßliche Gedancken Von denen Vampyren, oder sogenannten Blut-Saugern.

Welchen zuletzt
Das Gutachten
Der Königl. Preußischen Societät derer Wissenschaften,
Von
Gedachten Vampyren,
Mit beigefüget ist.

Leipzig,
Bei Michael Blochbergern,
1732.

Man hat verschiedene Historien, oder vielmehr Fabeln, welche die vernünftige Welt glaubend machen sollen, dass die Toten wiederum aufstünden, die Lebendigen töteten, und zu sich hinunter in die Hölle, oder Gräber zögen. Unter andern führet Freudius in seinen Gewissens-Fragen von Zauberei, und Zauberern zwei solche Histörchen aus dem Hagecio an. Hagecius in der Böhmischen Chronic, lauten seine Worte Quaest. XCI: p. 192, schreibet, dass Anno 1345 eine Zauberin eines Haffners Weib, im Städtlein Levin in Böhmen, einmal jehlingen Todes gestorben, und auf einen Scheid-Weg begraben worden, sei aber vielen Leuten in mancherlei, auch Viehes-Gestalt erschienen, und habe etliche umgebracht. Als man sie aber ausgegraben, habe sie den Schleier, damit ihr das Haupt verbunden gewesen, in der Zeit halb hinein gegessen gehabt, worauf ihr das übrige noch blutig aus dem Hals gezogen worden: darauf schlug man ihr zwischen die Brust einen eichenen Pfahl, und bald darauf flosse ihr das Blut aus dem Leibe, und ward wieder verscharret: Aber sie riß den Pfahl heraus, und brachte mehr Leute um, als zuvor. Hernach ward sie mit samt dem Pfahl verbrennet, und die Asche ins Grab samt der Erde geleget; da hörete das Übel auf: Aber an dem Ort, wo man sie verbrennt, hat man etliche Tage einen Wirbel-Wind gesehen.
Fast dergleichen Geschicht hat sich vor etlichen Jahren zu Egwanschitz in Mähren begeben, indem dem Ansehen nach ein ehrlicher Bürger daselbst auf dem Kirch-Hof in der Stadt ist begraben worden, welcher stets bei der Nacht aufgestanden ist, und etliche umgebracht hat. Seinen Sterb-Kittel ließ er allzeit bei dem Grab liegen, und wenn er sich wieder niederlegte, so zog er seinen Kittel wieder an. Einstmals aber, da er also vom Grab hinweg ging, und die Wächter auf dem Kirch-Turm solches ersahen, haben sie ihm unterdessen den Ster-Kittel hinweg getragen; Als er nun wieder zum Grab kam, und seinen Kittel nicht fand, ruft er den Wächtern, sie sollen ihm seinen Kittel wieder geben, oder er wolle sie alle erwürgen; welches sie haben tun müssen. Hernach wurde er vom Henker ausgegraben, und zu Stücken zerhauen, da hörete das Übel auf. Bis hierher Freudius.
Monsieur de la Croix meldet in seinem Buche welches den Titel führet: Etat present des Nations & Eglises Grecque Armenienne, & Maronite Lib. 1 Cap. 25. Die Griechische Kirche glaube, dass der Teufel die Körper dererjenige besäße, welche in Bann stürben, und dass er durch dieselben denen Lebendigen vielen Schaden zufügte. Die Griechen nennen solche Leiber Bulcolaccas, Burcolaccas, Burculaccas, und Buthrolaccas, welche Benennungen nach der Monsieur de la Croix Übersetzung reißende Wölfe heißen sollen. Denn die Griechen, schreibt er, sagen, dass sie des Nachts auf denen Gassen herum liefen, heuleten, an die Türen schlügen, und die Leute bei ihren Namen riefen; diejenigen nun, welche ihnen antworteten, müssten, wie sie glauben, so gleich sterben; Und dieses wäre eben die Ursache, dass die Griechen demjenigen, welcher sie zur Nachtzeit rufte, auf den ersten Ruf keine Antwort gäben. Sie sollen auch wie eben der Autor meldet, wenn etwa ein Sterben, oder eine Hungersnot entstehet, alles diesen in dem Bann verstorbenen Körpern zuschreiben, deswegen die Gräber umwühlen, und wenn sie darinnen noch das geringste von solchen Leibern finden, ein groß Feuer machen, und ein Toten-Opfer anstellen, bei dessen Ende aber den Bann aufheben, und die Leiber verbrennen.
Alles aber dieses, was Monsieur de la Croix con denen Burculaccis anführet, ist meistenteils aus dem Tournefort, und zwar aus dessen Lett. III. p. 52 genommen, dieser aber hat solches aus des Leonis Allatii Epistol. De Quorundam Graecorum opinationibus entlehnet; deswegen dem geneigten Leser nicht unangenehm sein wird, wenn ich die Worte des Allatii aus Georgii Fehlavii Annotationibus ad Christophori Angeli Enchirid. De statu hodiernorum Graecorum, Cap. 25 hiermit einfließen lasse, Burcolacca, (alii Buthrolaccam vocant,) lauten die Worte, in genus humanum nihil excogitari potest immanius, aut persiciosius. Nomen est inditum a foeditate Wofka (?gr.) limus est, non quilibet, sed qui jam putrescenti aqua maceratus, pessimam exhalat mephitim, ut ita dicam. Lakkos (gr.) fossa, seu cavea, in qua similis limus fovetur. Est porro pessimi hominis et facinorosi, saepeque etiam ab Antistite suo excommunicati cadaver, quod non ut reliqua demortuorum corpora defossa dissolvuntur, atque in pulverem abeunt, sed quasi ex firmissima pelle constaret, per omnes sui partes ontumescit, qtque distenditur, ut vix flecti aliqua sui parte possit; sed cutis, tanquam tymoanum, si pulsatur, sonum edit, quare et rumpanialos (gr) dicitur. Corpus sic deformatum daemon ingreditur, et miseris mortalibus infortunium parit. Saepe enim sub eo cadavere e sepulchro egressus, et per urbem, et alia loca habitata circumiens et noctu potissimum, ad quam sibi libuerit aedem confertur, pulsatisque foribus, aliquem ex accolis aedis voce sonora compellat. Sie responderit, actum jam est de eo: altero enim die mortem obit, si non responderit, salvus est. Hinc in ea insula cives omnes, si noctu ab aliquo compellantur, nunquam prima vice respondent : nam, si secundo compellatus fuerit, jam, qui quaerit, Burcolacca non est, sed alius. Eamque pestem adeo exitiosam mortalibus esse dicunt, ut interdiu etiam et moridie ipso, non intra aedes tantum, sed in agris, et viis mediis et sepibus vinearum, praetereuntes aggrediatur et aspectu solo, ac visu conficiat, non verbis tantum modo et contactu enecet. Homines ipsi, qui viderunt, si alloquantur, spectrum disparet ; qui locutus est, moritur. Quare cives, cum vident homines, nulla grassante infirmitate, in tanta copia emori, suspicaci quod est, sepulchra, in quibus recens defunctus sepultus est, aperiunt, aliquando statim, aliquando etiam tardius, cadaver nondum corruptum, conflatumque comperiunt, aliquando statim, aliquando etiam tardius, cadaver nondum corruptum, constatumque comperiunt : quod e sepulchro extractum, precibusque effusis a Sacerdotibus, in rogum ardentem conjiciunt et nondum completa supplicatione, cadaveris juncturiae sensim dissolvuntur, et reliqua exusta in cineres convertuntur. Alii daemonem esse, qui figuram de mortui homines induerit, opinantur, sub eaque homines, quos ipse vult, conficere. So weit Allatius. Der geneigte Leser, kann auch hiervon die Lettres serieuses, et cadines Tom. V. Part I. pag 213.233 nachsehen, allwo, nebst verschiedenen andern, der P. Richard angeführet wird, welcher in seiner Relation von der Insel Santerini die Historie der Brucolaques, oder Vrouculacas in erinem eigenen Chgapitre weitläufig abgehandelt hat.
In des P. Balbini Lib. III Miscellantur Historicor. Regni Bohemiae, fol. 209 wird gedacht, daß im Jahr 1567 zu Trutnau, in Böhmen, ein Bürger, und reicher Geizhals, Namens Stephan Huber, nach seinem Tode ebenfalls viele Leute erdrückt, und umgebracht. Denselben hat man gleichfalls ausgegraben, den Körper ganz fett, und gesunder Farbe befunden, aber ihm den Kopf abgehauen. Da dann der Rumpf viel Bluts von sich gestürzt. Hernach hat er dioe Leute ungeplagt, und sich nicht mehr blicken lassen.
Der Herr Baron von Valvasor sagt in seiner Topographia Carniolae Lib. VI Cap. 10 das Land- und Bauers-Volk in Isterreich glaubet gar fest, es gebe gewisse Zauberer, und Hexen-Meister, welche den Kindern das Blut aussaugen. Einen solchen Blut-Aussauger nennen sie Strigon, ingleichen auch Vedarez. Wann nun solcher Strigon einmal verreckt; so halten sie dafür, er gehe gegen Mitternacht im Dorf herum, klopfe, und schlage an die Häuser; und aus selbigen Hause, da er angeklopft, werde in den Tagen einer sterben. Und so alsdann jemand daraus stirbt, sprechen die Bauern, der Strigon hat ihn gefressen. Was noch mehr ist, so glauben auch diese vielglaubenden Bauern, dass solche umgehende Strigons ihnen bei nächtlicher Weile ihre Weiber bekriechen, und wirklich beschlafenm wiewohl kein einiges Wort dabei reden. Ich besorge aber, dass auch oft wohl die Witwen, zumal wenn sie noch jung, und schön sind, von recht fleischlichen Geisten, recht wirklich, und wachsamlich beschlafen werden. Also seind sie der gänzlichen Meinung, es werde ihnen dies Gespenst keine Ruhe lassen, bevor sie ihm einen Pfahl von Dorn-Holz durch den Leib schlagen. Deswegen gehen auch der beherztesten etliche hin, solches zu verrichten, und zwar allemal nach Mitternacht: weil sie glauben, er befinde sich vor Mitternacht nicht im Grabe, sondern gehe alsdann herum. So öffnen sie denn das Grab, und stoßen, oder schlagen ihm einen Pfahl, der eine Faust- oder klein Arm-dick ist, durch den Bauch, und schänden ihn hässlich aus. Darauf rinnet das Blut hervor, der Leichnam krümmt, und biegt sich auch, als ob er lebte, und den Schmerz empfände. Alsdann verschütten sie das Grab wiederum mit Erden, und gehen ihres Weges.
Eben dieser Herr Autor erzählet, 1, c. Lib XI P. 317-seq folgendes: Im 1672. Jahr hat dieses Orts (nämlich im Markt Krinck) sich ein abenteuerlicher Fall begeben, nämlich, dass man einen begrabenen toten Körper eines Mannes, welcher Georg (oder Guire) Grando geheißen, ausgegraben, und mit besonderen Ceremonien demselben den Kopf abgehauen, auf dass man möchte Ruhe vor ihm haben. Denn nachdem besagter Mann verschieden, und mit gewöhnlichen Leich-Gebräuchen Christ-Üblich eingeerdigt worden; hat man ihn nach seiner Begräbnis bei der Nacht gesehen umhergehen in diesem Markt Krinck. Und ist er zwar anfänglich dem P. Georgio, einem München S. Pauli des ersten Eremitens erschienen, welcher ihn begraben, und die Messe verrichtet hatte. Denn als jetzt benannter Pater mit des begrabenen Befreunden zu der Witwen ins Haus gegangen, und nach allda eingenommener Mahlzeit vom Essen aufstehend wieder heimgehen wollte; sah er den Verstorbenen hinter der Tür sitzen, und ging ganz erschrocken davon. Hernach ist dieser Begrabene oft ihrer vielen erschienen bei nächtlicher Weile, da er auf der Gassen hin, und wieder gegangen, und bald hier, bald da an die Haus-Türe geschlagen, und sein unterschiedliche Leute darüber gestorben, zumal aus solchen Häusern, da er hat angeklopfet. Denn vor welchem Hause er angeschlagen, daraus ist bald darauf einer mit Tode abgegangen. ER hat auch bei seiner hinterlassenen Witwe sich eingefunden, und dieselbe wirklich beschlafen, welche aber, weil sie einen Abscheu vor ihm getragen, endlich zu den Supan (oder Markt-Schulzen) Miho Radetich hingeloffen, und bei ihm verblieben, und gebeten, er wollte ihr doch wieder ihren verstorbenen Mann Hilfe verschaffen. Der Supan bittet deswegen etliche beherzte Nachbarn zu sich, gibt ihnen zu saufen, und spricht ihnen zu, sie sollten ihm Beistand leisten, dass solchem Übel möge abgeholfen werden; weil der Georg, oder Giure Grando allbereit viele ihrer Nachbarn gefressen hätte, dazu die Witwe alle Nacht überwältete, und beschliefe. Worauf sie sich entschlossen, den unruhigen Nacht-Gänger anzugreifen, und ihm das Handwerk zu legen. Diesem nach haben sich ihrer neune aufgemacht mit zweien Wind-Lichtern, und einem Kruzifix, und das Grab geöffnet. Da sie denn des entdeckten toten Körpers Angesicht schön rot gefunden; welcher sie angelacht, und das Maul aufgetan. Worüber diese streitbare Gespenst-Bezwinger dermaßen erschrocken, dass sie alle miteinander davon geloffen. Solches kränkte den Supan, dass ihrer neun Lebendige mit einem einigen Toten nicht sollten zu recht kommen können, sondern für einen bloeßn Anblick desselben zu flüchtigen Hasen würden: Derhalben sprach er ihnen zu, und frischte sie an, dass sie mit ihm wieder umkehrten zum Grabe, und ihm einen geschärften Pfahl von Hagedorn durch den Bauch zuschlagen bemüheten; welcher Pfahl allemal wieder zurück prellt. Indessen hat der Supan gleichsam einen Geistlichen vorgestellet, das Kruzifix dem Toten vors Gesicht gehalten, und ihn also angeredt: Schau! Du Strigon! Hier ist Jesus Christus! Der uns von der Höllen erlöset hat, und für uns gestorben ist! Und du, Strigon, kannst keine Ruhe haben etc. Und was dergleichen Worte mehr gewesen, so dieser unzeitige Exorzist, oder Toten-Redner daher gemacht. Indessen sind dem Gespenst die Zähren aus den Augen hervorgedrungen. Weil aber der Pfahl nicht durch den Leib getrieben werden können, so hat einer zu Mehrenfels wohnhafter, Namens Micolo Nyena, von weitem angefangen mit einer Hacken den Kopf abzuhacken. Aber weil er allzu furchtsam, und verzagt damit umgegangen, ist ein anderer, der mehr Herzens gehabt, nämlich der Stipan Milasich, hinzugesprungen, und hat den Kopf weggehaut. Worauf der Tote ein Geschrei getan, und sich gewunden, nicht anders, als ob er lebendig wäre, auch das Grab vollgeblutet. Nach solcher Verrichtung haben die erbaare Herren Executores das Grab wieder zu gemacht, und sich heim verfüget. Von welcher Zeit an das Weib, und andere Leute Ruhe für ihm gehabt. So weit de Herr Barin von Valvasor.
Herr Professor Gellhausen hat in verwichenem Monat April an Herr D. Götzen in Nürnberg einen Brief geschrieben, und darinne gemeldet, dass ein Dorf, Hozeploz genannt, in Schlesien wäre, wo selbst die Menschen, wie gesagt würde, nach ihrem Tode zu denen ihrigen sehr oft pflegten zurück zu kommen, mit ihnen zu essen, und zu trinken, ja gar mit ihren hinterlassenen Weibern sich fleischlich zu vermischen. Und wenn reisende Leute zu der Stunde des Nachts, da sie aus ihren Gräbern herausgingen, durch das Dorf marchirten, liefen sie ihnen nach, und hockten auf ihre Rücken. Vid. Vommerc. Literar. Hebdom. XVIII a.a.
Hierher gehören nun auch die Vampyren, oder so genannten Blut-Sauger, welche nichts anders sein sollen, als eine Art totet menschlicher Körper, von denen in öffentlichen Zeitungen geschrieben worden, dass sie Anno 1725 in dem Dorf Kisolova, und jetztlaufendes Jahr in dem Dorf Medwedia, aus ihren Gräbern gegangen wären, denen Lebendigen das Blut ausgesauget, und sie dadurch in die andere Welt geschicket hätten.
Allein welcher vernünftiger Christ wird diesen, und andern dergleichen Erzählungen Glauben zustellen können? Daß der Teufel die entseelöten Körper wiederum belebe, und durch solche denen Lebendigen Schaden zufüge, ja ihnen das Leben raube, wird zwar von vielen gesagt, aber nicht erwiesen. Die Seelen solcher toten Körper kommen vor der allgemeinen Auferstehung derer Toten auch nicht aus der Ewigkeit zurück, und verüben durch ihre Leiber dergleichen Unfug. Denn die heilige Schrift sagte ausdrücklich: Die Toten kommen nicht wieder zu uns, wir aber zu ihnen, 2. Sara XII. 23 sie kommen nicht mehr in ihr Haus, und ihr Ort kennet sie nicht mehr, Job. VII 10 sie haben keinen Teil mehr auf der Welt, und keine Gemeinschaft mehr mit denen Menschen-Kindern, Ecclesiast. IX, 6 folglich ist alles das, was von der Toten Wiederkunft, und ihren Handlungen unter denen Lebendigen gesaget, und geschwatzet wird, ein eitel erdichtetes Wesen, welchem kein vernünftiger Christ mit gutem Gewissen Beifall geben kann.
Weil aber doch viele die bekannte Hungarische Begebenheit vor etwas ganz außerordentliches halten, ja glauben, dass etwas übernatürliches darunter verborgen sein müsste; so habe meine wenige Muthmaßliche Gedancken, welche zeithero nicht nur von der Krankheit derer Rätzen, und Heyducken, sondern auch von denen Phaenomenis, welche an denen toten Körpern, oder vermeinten Vampyren wahrgenommen werden, bei mir geheget habe, zu Papier bringen, und dem geneigten Leser zur Beurteiluing communiciren wollen.
Ehe ich aber zur Sache selbst schreite, wird von nöten sein, erstlich einige meien Muthmaßlichen Gedancken zuwiederseiende Meinungen kürzlich zu removiren, welche andere schon entweder in öffentlichen Schriften, oder aber in Discoursen von dieser Hungarischen Begebenheit vor ein göttliches Wunderwerk; allein ohne allen Grund. Denn wenn Gott ein Wunderwerk tut, so muß dadurch entweder eine göttliche Wahrheit bekräftiget, oder Gottes Name, und Ehre verherrlichet, oder aber der Menschen zeitliche, und ewige Wohlfahrt befördert werden. Was wird aber vor eine göttliche Wahrheit confirmiret, wenn ein Mensch plötzlich aus dem Lande der Lebendigen hinweg gerissen wird, alsdann aber wieder kommt, und viele Menschen tötet? Was kann der Ehre Gottes dadurch zuwachsen? Und wie wird durch eine solche Begebenheit der Menschen zeitliches, und ewiges Wohl befördert? Da nun kein einziger Endzweck durch diese Begebenheit, welcher sonst durch ein göttliches Wunderwerk erhalten wird, erhalten werden kann; so folget, dass diese Begebenheit auch vor kein göttliches Wunderwerk zu halten sei.
Viele schreien diese seltsame Begebenheit vor ein Teufels-Werk aus; allein auch diese judiciren gar zu unbedachtsam.Denn woher wollen sie erweisen, und dartun, dass Gott diesem verfluchten Geiste das jus vitae & necis über die Menschen zugestehe, oder jemals zugestanden habe? Hiob wurde zwar auf Gottes Zulassung von dieser höllischen Furie an seinem Leibe geplaget; allein an sein Leben durfte er sich nicht wagen. Denn das Jus vitae et necis ist ein Regale, welches Gott sih alleine vorbehalten, und auf gewisse Maße auch der weltlichen Obrigkeit, welche an Gottes Statt sitzet, verliehen hat: Folglich kann diese Begebenheit vor kein Teufels-Werk gehalten werden.
Andere schreiben dieses Factum denen Mittel-Geistern zu. Es ist bekannt, dass Paracelsus statuiret habe, es wohneten in allen vier Elementen gewisse Geister, und wären diese eben diejenige, welche in denen ersten Zeiten der Natur oft vor Gott gehalten, und angerufen worden; davor uns Gott aber in der ersten Tafel Mosis gewarnet, und befohlen hätte, dass wir keine andere Götter neben ihm haben sollten, weder die im Wasser, da meinete Gott die Nymphen, noch die unter der Erde wären, durch welche Gott die Sylphos, und Pygmaeos verstünde. Und diese Geister, sagt Paracelsus, wären zuweilen dem Teufel nahe verwadnt, indem sie Gott zu seinen Henkern brauchte, zuweilen aber wären sie unsere Warner, Wächter, und Beschützer in großen Nöten. Zu unsern Zeiten hat der selige Dr. Rüdiger fast gleiche Gedanken mit dem Paracelso geheget. Denn er saget ausdrücklich in seiner Physica divina, dass in der Welt gewisse Spiritus intermedi wären, welche zwar schon elementarische Körper hätten, die aber doch auch noch allerhand andere Gestalten annehmen könnten. Diejenigen nun, welche die Meinung dieser Männer eingesauget haben, glauben, und sagen, dass ein solcher Spiritus intermedius also gar wohl die Gestalt eines verstorbenen Rätzen, oder Heyducken annehmen, die Menschen würgen, ihnen das Blut aussaugen, und in die andere Welt schicken könnte. Allein, weil alles das, was von denen Mittel-Geistern gesagt wird, nichts anders ist, als ein Traum wachender Philosophen, und deren Existenz weder aus der ehiligen Schrift, noch aus dem Licht der Natur dargetan werden kann, so kann auch diese Begebenheit von solchen uns ganz unbekannten Spiritibus intermediis nicht herrühren. Und wenn es auch mit ihrer Existenz seine völlige Richtigkeit hätte, so wird doch kein vernünftiger Mensch glauben können, dass Gott diesen Mittel-Geistern die Macht gegeben habe, so vielen Menschen das Leben zu rauben; weil diese Macht nicht einmal dem Teufel, als dem Haupte aller Geister, von Gott zugelassen wird, wie schon gemeldet worden.
Noch andere meinen, die Seelen der verstorbenen Rätzen, und Heyducken kämen aus der Ewigkeit zurück, und vereinigten sich wiederum mit ihren Körpern, und übten an denen Lebendigen solch Unheil aus. Allein auch diese Meinung ist Grund-falsch, und schmecket völlig nach dem Papsttum. Denn die Päpstler sagen einmütig, dass nicht nur die Seelen derer Heiligen, sondern auch die Seelen derer Gottlosen nach der Abscheidung von ihren Körpern zuweilen so wohl in ihren eigenen, oder andern angenommenen Leibern denen Menschen wiederum erschienen, wie dieses sonderlich die zwei Jesuiten Del-Rio, und Schottus mit vielen teils aus dem blinden Heidentum, teils auch aus dem leichtgläubigem Papsttum zusammen geraspelten Märchen haben wollen erweislich machen. Allein dieses der Päpstler Vorgeben ist nimmermehr zu erweisen, und muß man sich wundern, wie ein vernünftiger Christ solchen ungereimten Gedanken Platz geben kann, weil solche schnurstracks wider die göttliche Offenbarung streiten. Von denen Seelen derer Heiligen saget Christus Joh. XVII, 24 Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir sein, die du mir gegeben hast, dass sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast. Und zum Schächer am Kreuze sprach der Mund der Wahrheit Luc. XXIII 43 Heute wirst du mit mir im Paradies sein, das ist, wie es Hammondus erkläret: Gleich nach deinem Tode wirst du kommen an den Ort der Seligkeit, und daselbst bei mir bleiben, und ein Glied sein dieses meines Königreichs, warum du gebeten hast. Wenn nun die Seelen derer Frommen bei Christo sind, wo er ist, und seine Herrlichkeit sehen, und also bald an dem Orte der Seligen sind, und bei Christo bleiben, als Glieder seines Königreichs, so ist es gewiß eine Päpstliche Fabel, dass die Seelen derer Heiligen nach der Abscheidung von ihren Leibern entweder in ihren eigenen, oder in anders angenommenen Körpern wiederum erscheinen, und einige Operationes durch solche verrichten.
Daß aber auch nicht die Seelen derer Gottlosen wieder in diese Welt kommen, ihre oder andere Körper annehmen, sich darinnen sehen lassen, und denen Lebendigen Schaden tun, lehret uns Christen abermals die göttliche Offenbarung. Denn Luc. XVI. 22 stehet klar, dass der reiche Mann gleich nach seinem Tode sei in der Hölle, und in der Qual gewesen, und nicht einmal wieder hierher habe auf die Welt kommen können, seine Brüder zu warnen, er würde sonst nicht Abraham gebeten haben, dass er Lazarum senden sollte. Es sei nun dieses eine wirkliche Geschichte, oder nur eine Parabel, so muß doch die geistliche Meinung, und Intention unsers Heilands unbetrüglich wahr sein, dass nämlich augenblicklich nach dem Tode die Seelen derer Gottlosen hinunter zur Höllen fahren, woraus denn keine Erlösung. Kommen aber weder die Seelen derer Frommen, noch die Seelen derer Gottlosen wieder in diese Welt; so folget, dass sie auch nicht Vampyros, oder Blut-Sauger hier unten agiren können.
Ferner haben sich einige gefunden, welche diese Begebenheit mit denen Rätzen, und Heyducken zuschreiben. Die aber dieses sagen, statuiren, der Mensch bestehe aus drei Teilen, nämlich aus Leib, Geist, und Seele. Der Leib sagen sie komme aus denen Elementen; der Geist sei eine Partikel des allgemeinen Welt-Geistes; die Seele aber stamme von Gott, andere aber träumen, sie sei gar ein Ausfluß aus dem Wesen Gottes, oder ein Teil des göttlichen Wesens. Dieser Meinung sind sehr viele von denen Alten schon zugetan gewesen; nach ihnen hat selbige Paracelsus wiederum aufgewärmet, und zu seinen Nachfolgern den Schwenckfeldium, Weigelium, Böhmium, Felgenbawerum, Comenium, und andere mehr bekommen.
Die Liebhaber dieser Meinung führen zwar zur Behandlung derselben verschiedene dicta biblica, sonderlich die Worte Pauli, welche 1. Thessal. V, 23 zu lesen sind, und noch andere mehr an. Allein sie irren gar sehr, wenn sie meinen, aus denen dictis biblicis, worinne des Geistes, und der Seele gedacht wird, zu erzwingen, dass der Mensch aus drei wesentlichen Teilen bestehe. Denn in angeführten Loco wird durch das Wort Geist kein astralischer Geist, als ein wesentlicher Teil des Menschen, sondern es werden dadurch die dona Spiritus Sancti verstanden; Und ist eben der Geist, von dem Paulus im 19. Vers des abgezogenen Kapitels saget5: Den Geist dämpfet nicht. Betrachten wir die Schöpfung des ersten Menschen, so heißet xxx Gen. II, 7 Gott der Herr machte den Menschen, das ist, den Organischen Teil, oder Leib des Menschen, aus einem Erden-Kloß, und blies ihm ein den lebendigen Odem, das ist, die vernünftige Seele, in seine Nase; hier sind, wenn man zählen kann, nur zwei Teile, nämlich Leib, und Seele. Stirbt der Mensch, so wird er ebenfalls nur in zwei Teile dissolviret. Denn der Staub muß wieder zu der Erde kommen, wie er gewesen ist, und der Geist, das ist die Seele, wieder zu Gott, der ihn gegeben hat, Ecclesiast. II. 7. Als vom Elia der Witwen zu Zarpath verstorbener Sohn auf eine miraculeuse Weise resusciret wurde, maß er sich über dem Kinde dreimal, und rief den Herrn an, und sprach: Herr, mein Gott, laß die Seele dieses Kindes wieder zu ihm kommen, und der Herr erhörte die Stimme Eliä; und die Seele des Kindes kam wieder zu ihm, und ward lebendig, 1. Reg. XVII. 21 22 Da nun weder bei der Schöpfung, noch bei dem Absterben, noch bei der Resuscitation eines Menschen des astralischen Geistes, welcher doch den dritten wesentlichen Teil eines Menschen ausmachen soll, gedacht wird; so kann man leciht denken, dass diese Meinung eine nichtige, und ungegründete Meinung sei. Vid. Wideburgii Disput. De Tribus partibus hominis, corpore, anima et spiritu.
Und daß dieser astralische Geist, in denen Menschen nur ein ens phantasticum sei, dieses kann daraus erkannt werden, weil die Frau Mutter dieses Geistes, nämlich der allgemeine Welt-Geist, selbst nur eine Chimäre, und ein Unding ist. Ich weiß zwar wohl, dass viele alte Weltweisen, als Zoroaster, Hermes, Orpheus, Pythagoras, Plato, die Chaldäer, Ägyptier, Araber, Gymnosophisten, Stoici, einiges Patres, als Origines, Heronymus etc. und zu unsern Zeitn sonderlich Comenius, und Hannemannus dergleichen Welt-Geist statuiret haben; allein, wenn man alle ihre Beweistümer, welche sie aus der Natur bei den Haaren, so zu reden, herbei gezogen haben, mit vernünftigen Saugen betrachtet, wird man finden, dass sie nicht einmal mit denenselben nur wahrscheinlich machen können, dass ein solcher Geist in rerum natura existire. Was den locum Gen. I, 2 anlanget, allwo des auf dem Wasser schwebenden Geistes Gottes gedacht wird, selbiger ist keines weges nach ihrer Phantasie die Seele der Welt, sondern die dritte Person der Gottheit, nämlich der Heilige Geist, qui vi sua fabricatoria et effectoria, wie Augustinus rdet, aquas foverit, eo fere modo, quo aves incubando ovis, ut pollos excludant. Vid. Glassius Lib. III. Philol. Sacr. Tract. 3 Can. 26. Also sehe auch nicht, mit was vor Fug, und Rechte man von dem astralischen Geiste, als einem Undinge, die Hungarische Begebenheit herleiten könne.
Diesen füge auch noch diejenigen bei, welche die schon längst relegirte, und abgeschmackte Aristotelische Fabel von denen drei Seelen des Menschen wiederum zum Vorschein bringen, und diese Begebenheit der dritten Seele, nämlich der animae vegetativae derer verstorbenen Rätzen, und Heyducken imputiren wollen. Es ist aus denen Schriften des Aristotelis bekannt, dass derselbe drei Seelen in dem Menschen zu sein glaubte; die erste nante er animam rationalem, die zweite animam sensitivam, und die dritte animam vegetativam. Und dieser letzteren Seele eignete er drei facultates zu, nämlich facultatem xxx (gr.), nutritivam, xxx (gr.) augmentativam, et xxx (gr.) generativam. Und diese anima vegeativa, sagen einige, sei eben dasjenige Wesen, welches mit denen Rätzen, und Heyducken die bekannte Tragoedie gespielet hätte. Denn sie soll sich, wie fabuliret wird, auf eine Sympathetische Weise an ihre näheste Verwandte machen, mit welchen sie in einem genauen vinculo naturae stehen, und aus ihnen die Spiritus animales, welche essentiam principalem sanguinis auismachten, ziehen, wodurch jene aller Lebens-Kräfte beraubet, und dem Todte zu Teil würden. Allein, weil 1. diese Aristotelische Neulinge, wie ihr großer Aristoteles, noch nicht erwiesen haben, dass in eines Menschen Leibe tres animae realiter et secundum substantiam distincta vorhanden sind; Und 2. von vielen gelehrten Medicis, und Philosophis gründlich ist dargetan worden, dass die anima rationalis nicht nur dem actui sensationis, sondern auch dem actui vegetationis vorstehen könne, und müsste, also kein solches triceps monstrum in dem menschlichen Körper, wohl aber in der Einbildung einiger ganz spannagelneuen Aristotelicorum existiere; so folget, dass auch durch diese alte, und verschimmelte Aristotelische Einfälle die Hungarische Begebenheit nicht könne resolviret werden.
Endlich sollen sich auch noch einige Physici gefunden haben, welche die Vampyren, wie in denen Regenspurgischen Relationibus dor kurzer Zeit gemeldet worden, vor gewisse insecta, oder vor eine Gattung der Eidechsen, und Tarantulen halten, und ausgeben.Diese müssen demnach glauben, dass die Rätzen, und Heyducken von solchen Insectis zur Nacht-Zeit im Schlaf gebissen würden, auf welchem Biß alsdann allerhand schlimme Symptomata folgen, so die Kranken dem Tode überlieferten. Allein auch diese Meinung scheinet hauptsächlich zweier Umstände wegen nicht wahrscheinlich zu sein: weil 1. keine Gattung der Eidechsen soch in Stuben, und Kammern aufhalten, sondern einige von ihnen ihre Wohnung in der Erde, und in Gemäuer, andere aber in dem Wasser haben, daher die letztern auch Wasser-Eidechsen genennet werden. Was die Tarantulen anlanget, so ist noch nicht einmal gewiß, ob dergleichen animacula in Hungarn anzutreffen sind; weil solche, wie bekannt ist, nur in Italien, sonderlich aber in der Gegend Tarento, wie auch in der Insel Sicilien, und Corsica sioch häufig aufhalten. Gesetzt aber, es würde dergleichen Ungeziefer auch in Hungarn angetroffen; so ist doch nicht glaublich, dass sie sich in denen Häusern daselbst aufhalten sollten; weil sie sich in Italien auf dem Felde und zwar in denen Ritzen, und Spalten der Erde, welche die beständige große Sonnen-Hitze verursachet, ihre Wohnstätte haben. Und 2. weil keine äußerliche Verletzung, auch keine solche Symptomata an denen Rätzen, und Heyducken observirt worden, welche doch sonsten an denen wahrgenommen werden, die von dergleichen insectis gebissen worden sind. Denn diejenigen, welche von Eidechsen gebissen worden, empfinden gleich nach dem Biß einen sehr heftigen Schmerz in loco affecto; die Wunde blutet auch anfangs, nachgehends aber wird ein übelriechender Eiter aus derselben excerniret: Die fleischlichen Teile um den Biß herum werden blaß, schwellen auf, und putrsciren endlich. Vid. Sennerti Practic. Medic. Lib. VI. Part. VIII. Cap. 17. Wenn aber jemand von einer Tarantula gebissen worden, so tut es ihm eben so weh, als ob ihn eine Biene gestochen hätte, und zeiget sich ein gelber oder schwarzer Ring um die Wunde, worauf die übrige Zufälle folgen, welche sehr unterschiedlich sind, nach dem die Tarantula groß, oder klein, und von dieser, oder jener Farbe gewesen ist. Insgemein aber spüret man in dem verwundeten Teil erstlich einen großen Schmerzen, bis dass selber nachmals gar unempfindlich wird: Nachgehens folget große Herzens-Angst, und eine große Traurigkeit, dass sie immer seufzen; bei einigen verursachet diese Gift ein Lachen, und bei andern ein Plaudern; viele können diese, oder jene Farbe nicht vertragen, sondern weren davon geänsgtiget. Andern laufet der Leib auf, steiget ihnen auf, und wollen sich brechen etc. Vid. Baglivii discursus de Anatome, morsu, et effectibus tarantulae.
Dieses ist auch das aller denkwürdigste bei dieser Krankheit, daß die Tarantati nicht eher, und besser von ihren Schmerzen können befreiet, und dieselbe gelindert werden, als durch den Laut eines, oder andern Instruments, welches den Patienten dermaßen dienlich, und angenehm ist, daß sie in ihren größten Schmerzen nicht so bald auf einer Violine, Zithar, und sonderlich auf einer Schalmey hören spielen, als sie aufhören sich zu beklagen, und fangen an sich auszustrecken, als ob sie eine Entzückung ankäme; hernacher bewegen sie ihre Finger Hände, und Arme in einer Cadence, oder nach dem Takt; darauf richten sie sich auf einen Fuß, endlich, und allgemählich stellen sie sich auf alle beide, und fangen alsdann an so accurate nach der Cadence (Kadenz?) zu tanzen, dass auch die aller ungeschicktesten, die niemalen tanzen, oder die Musique gelernet haben, es alsdann besser machen, als die besten Tanz-Meister. Die Musicanten müssen aber geschwinde, und mit kurzen intervallen spielen, welche Melodie sie Tarantella nennen. Die Patienten tanzen insgemein zwei, bis drei Stunden; dann setzen sie sich nieder, und trocknen den Schweiß ab; und nachdem sie ein wenig geruhet haben, fangen sie wieder an zu tanzen, so, dass sie täglich wohl zwölf Stunden mit dem Tanzen zubringen, wodurch sie doch nicht matt, sondern viel stärker werden. Solchen Tanz müssen sie wohl vier Tage continuiren, und alle Morgen bei Aufgang der Sonnen anfangen, bis sie wieder zu recht kommen. Und weilen sich die folgenden Jahre um die Zeit da die Kranken gebissen worden, die Krankheit wieder regirt, müssen sie alsdann auch wieder einige Tage tanzen, bis endlich die Krankheit gar außen bleibet. Vid Aureri Amphitheatr. Magiae universal Lib. XIII p. 595 & Valentini Mus. Museor. Tom I. Lib III Cap. 43 § 6. Da nun aber an denen Rätzen und Heyducken keine solche Symptomata, welche nach dem Biß einer Eidechse oder Tarantel zu folgen pflegen, wahrgenomen woren, wie die Relationes bezeugen; so folget, dass auch nicht die Krankheit dieser Personen, worunter sie succumbiren müssen, von diesen Insectis herrühre; folglich können diese insecta auch nicht vor die Vampyren ausgegeben und gehalten werden.
Ich trete demnach zu dem kleinern Haufen der Gelehrten, welche davor halten, dass die Vampyren, oder Blut-Sauger nur Chimaeren und Undinger sind, welche die furchtsame und verrückte Phantasie derer Rätzen und Heyducken zu ihrer Mamma haben; Weil 1. die Krankheit, woran die Rätzen und Heyducken laboriret haben, und gestorben sind, eine ganz natürliche Krankheit gewesen; Und 2. weil die Phyenomena, welche sich an denen entseelten Körpern geäußert haben, aus pur lautern natürlichen Ursachen hergeleitet und begreiflich gemacht werden können; dass man also nicht nötig hat, diese Begebenheit entweder der allmächtigen Gottheit, oder dem ohnmächtigen Teufel, oder denen in der Ewigkeit seienden Seelen, oder anderen obscuris et fictitiis principiis, welche nur in der fruchtbaren Einbildung ihrer Patronorum existiren, zuzuschreiben.
Was nun erstens die Krankheit anlanget, so sage ich, dass bei nahe alle die Rätzen in dem Dorf Kisolova, welche An. 1725 die Schuld der Natur bezahlen müssen, und die Heyducken in dem Dorf Medwedia, welche im jetztlaufenden Jahre sich zu ihren Vätern versammlet haben, an einer natürlichen und von natürlichen Ursachen entstanderen Krankheit gestorben sind; ob man gleich nicht gar zu eigentlich sagen kann, was es vor eine Krankheit gewesen, weil der Morbus von keinem erfahrnen Medico untersuchet, und deswegen ein glaubhaftes Attestatum ausgestellet worden ist. Inzwischen aber wissen wir doch aus denen öffentlichen Zeitungen so viel, dass diese Leute insgesamt an einer wirklichen, und zwar natürlichen Krankheit laboriret haben, und darunter succumbiren müssen. Ja man kann aus keinen uns communicirten Relationibus so viel mutmaßen, dass die Krankheit ein febris maligna et contagiosa gewesen sei, daran dieses Volk darnieder gelegen und gestorben ist. Und dieses mutmaße 1. daher, weil diese Leute meistens in sehr kurzer Zeit dem Tode zu Teil worden sind. Denn aus der Erfahrung ist denen Medicis bekannt, dass einige febres malignae einen acutam periodum formiren, und mit dem Patienten den seibenten Tag es auszumachen; andere aber noch ehender, nämlich in der Hälfte des primi septenarii die Kranken in die Gräber liefern. Und 2. weil, wie in der Relation von Anno 1725 gemeldet wird, das ganze Dorf Kisolva, da es noch unter dem Türkischen Joch geseufzet hat, durch eben dergleichen Krankheit fast aller seiner Einwohner soll beraubt worden sein; welches bei morbis grassantibus & contagiosis gar was gewöhnliches ist.
Die Ursache dieser Krankheit wird zwar von denen Rätzen und Heyducken denen Vampyren imputuret, welche zu denen Lebendigen, wenn sie schlafen, kommen, sich auf sie legen, drücken, würgen, und ihnen das Blut aussaugen sollen, wie die Relationes melden. Allein dieses ist eine Sage ohne Grund; weil kein einziger von diesen Leuten ausgesagt hat, dass er einen Vampyr wirklich gesehen habe. In der einen Relation wird zwar gelesen, es habe ein Vampyr, wie ein Hund, die Tür geöffnet, sei aber auf das Anschreien wieder davon gelaufen; Es wird aber darinne mit keiner Silbe gedacht, dass der Anschreiende den Tür aufmachenden und davon laufenden Vampyr gesehen hätte. Man hat auch keine Vestigia an denen Leibern der kranken Personen wahrgenommen, mit welchen sie dartun können, dass eine wirkliche Aussaugung des Blutes an ihnen geschehen sei. Denn das rote Fleck unter dem rechten Ohr des einen Purschen kann wohl in dem fürchterlichen Träume von dem Vampyr vom Kratzen hinter dem Ohr entstanden, oder ein Floh-Biß, oder eine macula petechialis gewesen sein. Dahero ist ganz glaublich, dass die Vampyren nichts anders als Chimaeren sein,w elche die furchtsame oder verrückte Einbildung derer Rätzen und Heyducken zu ihrer Gebährerin haben.
Und diese erhellet ferner auch ganz klärlich daraus, weil bei diesen Leuten insgemein die alte Fabel von denen Vampyren hervor gesucht wird, wenn an ihren Orten contagieuse Krankheiten zu grassiren pflegen, welche dann si wohl die Gesunden als Kranken in Furcht und Schrecken setzet. Und weil die Furcht vor denen Vampyren dieser Leute Gemüter einmal eingenommen hat, so geschiehet, dass nachmals die Phantasie ihnen auch im Schlaf furchtsame Vorstellungen von denen Vampyren machet, als wenn sie sie wirklichkämen, sich auf sie legten, sie drückten und würgten. Es ist ja jedermann bekannt, dass wenn von Natur furchtsame Menschen des Tages von Gespenstern, von gewaltsamen Einbrüchen derer Diebe, u.d.g. etwas erzählen hören, ihnen des Nachts im Traum eben dergleichen schreckhafte Vorstellungen von der Phnatasie gemacht werden, welche sie dann sehr beängstigen, martern und quälen. Da nun dieses, wie die tägliche Erfahrung lehret, bei andern Menschen geschehen kann, wie vielmehr wird solches bei denen Rätzen und Heyducken haben geschehen können, welche die Vampyrerei ohnehin vor eine ganz gewisse und unstreitige Begebenheit gehalten, und ihre Gemüter, wie aus denen öffentlichen Erzählungen wahrzunehmen, in große Furcht, Schrecken und Zittern gesetzt hat.
Es kann auch sein, dass die fruchtsame Einbildung von denen Vanpyren bei denen Rätzen und Heyducken den Affect, welcher von denen Medicis Ephialtes, seu Incubus, und von uns Teutscher der Alp, das Nacht-Männlein, Schrötlein, die Maar, die Trutte, und das Joachimken genennet wird, (welcher nichts anders ist, als eine convulsio, qua thorax, inprimis vero anterior pectoris pars, dormientibus, vel ad minimum semi-dormientibus, & simul somniantibus, rigide constringitur, ut anxie boatu loquela destituti cum maxima praecordiorum angustia expergesiant,) wirklich caussiret habe; welchen Zufall sie aber aus abergläubischer Dummheit, und dummen Einfalt denen Vampyren beigemessen; indem sie als einfältige Leute nicht begreifen können, dass ihre furchtsame Einbildung dergleichen spastischen und convulsivischen Affect zu erregen vermögend gewesen sei, welches aber doch geschehen kann, und auch wirklich geschehen ist, wie Paracelsus Lib III de origine morborum invisibilium, und Ercmeisterus Dissert. De Imaginatione, morborum caussa, Cap. 5 mit Exempeln erweisen und dartun.
Ich kann mich aber keineswegs bereden lassen, zu glauben, dass der Morbus, woran die Rätzen und Heyducken laboriret haben, und gestorben sein, ein bloßer Incubus gewesen sei, wie Herr Doct. Stockius, ein Medicus Jenensis, in seiner Dissertation de Cadaveribus sanguisugis, davor hält; weil aus der Erfahrung alle Medici einmütiglich bekennen, und sagen, dass der Incubus, welcher die Menschen nur dann und wann befalle, kein morbus periculosus, noch vielweniger aber ein morbus lethalis sei; Es wäre dann, dass andere Krankheiten vorher gegangen wären, welche die Natur geschwächet häten, und der Incubus öfters recurrirte. Si praecesserint, schreibt Petri ab Hartenfelß Disput. De Ephialte, Thes. 25 alii cephalici affectus, & saepius malum (Nämlich der Alp) recurrar, tunc minatur vel apoplexiam, vel spasmum, vel epilepsiam, aliqantdo & maniam, melancholiam hypochondriacam, ac interdum subitaneam mortem. Wiewohl man außer denen Exempeln de Subitanea morte ab Incubo, welche Zacutus Lusitanus Lib. I. de Prax Medic. Admirand. Obs. 46 und Lochnerus A. N. C. Dec. II. Ann. 5 Obs. 220 anführen, wenige mehr wird ausweisen können. Nun sagen aber alle Relationes, welche bishero von dieser Begebenheit zu sehen bekommen, dass die verstorbenen Rätzen, und Heyducken nur ein einzigesmal von dem sogenannten Alp wären incommodiret worden; sie melden auch, dass die Rätzen, und Heyducken vorhero wären frisch, und gesund gewesen; Folglich ist nicht glaublich, dass ein einziger Paroxysmus des Incubi diese Leute dem Tode werde aufgeopfert haben.
Es meinet zwar der Herr Autor, die Erfahrung bezeuge, dass diese Krankheit zuweilen epidemice grassire, und vielen das Leben raube, und berufet sich auf das Zeugnis des Coelli Aureliani, welcher Lib. I. Tardar. Passion. Cap. 3 schreibet: Memorae Silimachus, Hippocratis Sectator, contagione quadam, plurimos ex ista passione veluti lue, apud urbem Romam confectos; folglich hätte auch dieser Incubus ein morbus epidemicus sein können, welcher dergleichen Ravage unter diesen Leuten caussiret habe. Allein ich antworte, dass man mit Recht zweifeln könne, ob der Alp der morbus principalis, welcher so viele Römer hinweg gerafft, gewesen sei; weil kein einziger Medicus weder vor, noch nach dem Silimacho dergleichen Incubum epidemice grassantem mehr angemerket hat. Dahero ist weit glaublicher, dass die Haupt-Krankheit derer Römer ein böse4s epidemisches Fieber gewesen sei, zu welchen sich der Incubus als ein Symptoma gesellet habe; wie man denn auch in den neuern Zeiten Exempel hat, dass der Incubus zuweilen bei febribus epidemice grassantibus sich einfinde. Unter andern erzählet Franciscus de le Boe Sylvius Prax. Medic. Append. Tracta. X. dass zu seiner Zeit in Leyden ein epidemisches drei-tägiges Fieber grassiret habe, und dass verschiedene Patienten, welche daran laboriret hätten, auch von dem Incubo wären befallen worden: Nec tantum sola discili respiratione, schreibet Sylvius 1. c. § 335 laborarunt multi, verum etiam Incubo nonnulli, & inter ipsos ego quoque; qui cum paroxysinis febrilibus repetens, atque somnolentiam simul excitans fuit mihi valde molestus, donec ipsum agnoscens rogarem adstantes, ut tamdiu somnum, in quem tunc valde probendebam, interturbarnet, ac impedirent, donec, paroxysmo declinante, in somnum fuavem, & commodum inciderem absque omni Incubo. Woraus den mutmaßlich erhellet, dass nicht sowohl der Incubus, als vielmehr das grassirende Fieber die Römer aufgetrieben habe. Gesetzt aber, dass auch nur der Incubus allein causa mortis bei denen Römern gewesen sei; so kann doch von jenem Malo nicht auf die Krankheit derer Rätzen, und Heyducken geschlossen werden. Denn sind die Römer durch den Alp wirklich hinweggerafft worden, so ist zu vermuten, dass sie viele Paroxysmos von dem Incubo vor dem Todte werden haben austehen müssen; oder aber dass der erste Anfall von dem Incubo so heftig wird gewesen sein, dass sie unter demselben gleich ersticken müssen. Sehen wir aber die Relationes sosowhl von denen Rätzen, als Heyducken an, so wird man in keiner finden, dass die Rätzen, und Heyducken öfters von dem Incubo wären befallen worden, sondern sie sagen einhellig aus, dass sie die Vampyren, nach ihren abergläubischen Wahn zu reden, nur einmal gedrücket, und gewürget hätten. Da nun diese Leute keine öftere Paroxysmus von dem Incubo erlitten haben, auch keiner von ihnen unter dem Anfall des ersten Paroxysmi geblieben ist; so sehe nicht, wie man behaupten will, dass die Krankheit derer Rätzen, und Heyducken nur der Incubus gewesen sei, daran sie hätten sterben müssen.
Es kann auch sein, dass bei einigen Kranken dieser affectus compressorius, & strangulatorius ein Symptoma des Fiebers selbst gewesen sei, und also kein echter, und rechter Incubus; indem bei solchen Febricitanten gemeiniglich, noch vielmehr aber, wenn die dahintersteckende exanthemata nicht gehörig effloresciren, die respiratio difficilis, magna, anxia, frequens, & suspiriosa zu sein pfleget; Andere verspüren dabei auch wohl noch sensum quendam caloris insignis in pectore, & rei cujusdam gravantis, prementisque intra pulmones. Aus dem bisher gesagten ist demnach zur Gnüge zu ersehen, dass man mir guten Gewissen diesen Zufall, nämlich den affectum compressorium, & strangulatorium, welcher bei denen furchtsamen, und kranken Rätzen, und Heyducken sich geäußert hat, nicht denen Vampyren, sondern einzig, und allein natürlichen, teils moralischen, teils physikalischen Ursachen zuschreiben könne, und müsse. Tun also diejenigen höchst unrecht, welche allerhand unbegründete, läppische, und lächerliche Grillen ausbrüten, womit sie diesen Zufall derer Rätzen, und Heyducken, ingleichen die vermeinte Aussaugung des Bluts, wollen, aber doch nichts können, erweislich machen.
Was aber die wahre Ursache, welche febrem malignam, & contagiosam Anno 1725 in dem Dorf Kisolova unter denen Rätzen verursachet, betrifft, solches hat verschiedener Ursachen wegen entstehen können. Denn es ist bekannt, dass in Hungarn des Tages über, und zwar nicht nur im Sommer, sondern auch im Herbst, sehr heiß sei; dahero auch die Hungarischen Weine sehr süße werden: Die Nächte hingegen sind ziemlich kalt. Und diese geschwinde, und plötzliche Veränderung verursachet dann, dass die Transpiration bei denen Einwohner sehr turbiret, und intercipiret wird, und also viele Unreinigkeiten in ihren Körpern zurücke bleiben. Die Hungarische Luft ist auch nicht die gesundeste; weil sie immer mit vielen Feuchtigkeiten, und andern impuritatibus angefüllet wird, welche aus denen großen Flüssen, so dieses Land durchströmen, wie auch aus andern kleinen Gewässern, und Sümpfen empor steigen; eine solche Luft aber creat morbos aptos putredini, wie Hoffmannus Dissert. De Morbis certis regionibus, & populis, § 12 saget. Die Hungarn essen auch vieles Fleisch, und trinken starke Weine, und das Wasser bei ihnen ist auch nicht viel nütze. Weil nun die Hungarn, welche sich zur Nacht-Zeit nicht wohl vor der kalten Luft verwahren, durch Hemmung der Transpiration die Salinisch-Sulphurischen Teile nicht allezeit gehörig excerniren; und mit der ungesunden Luft viele particulas peregrinas, & mixtioni animali plane contrarias in sich ziehen; auch durch das viele Fleisch-essen, und Wein-trinken sehr viele Principia sulphurea, & activa dem Geblüte insinuiren; so ist kein Wunder, wenn sie zuweilen von febribus malignis, & contagiosis befallen werden, und in ziemlicher Anzahl dahin sterben.
Von einer ganz andern Ursache aber ist die böse Krankheit, welche viele Personen in dem Dorf Medvvedia befallen, und in die andere Welt geschicket hat, entstanden. Denn die Relation vom 7. Januar a.c. meldet, dass ein sechzig-jähriges Weib, Militza genannt, von dem Fleisch eines Schafes gegessen habe, darauf die Alte krank worden, und nach einer drei-monatlichen Krankheit ihren Geist aufgeben müssen: Nachdem wären noch sieben andere Personen bettlägrig worden, und ebenfalls mit Tode abgegangen. Die Heyducken geben zwar, nach Aussage des alten Weibes, vor, es wäre das Schaf, davon sie Fleisch gegessen, von einem Vampyr umgebracht worden, und dieses sei die wahrhafte Ursache ihrer gehabten Krankheit, und des erfolgten Todes gewesen. Allein ich antworte hierauf, dass die Aussage des alten dämischen Weibes nichts beweise; weil sie 1. nicht selbst gesehen hat, dass das Schaf von einem Vampyr getötet worden: Denn sonsten würde sie nicht so töricht gewesen sein, dass sie von dem Schaf-Fleisch gegessen hätte: Und 2. weil diese ihre Aussage auf den allgemeinen Aberglauben von denen Vampyren sich gründet, worinne sie gestecket hat. Denn da sie in den närrischen Wahn gestanden, dass es Vampyren gebe, welche nicht nur die Menschen, sondern auch das Vieh angingen, und töteten; so hat sie, weil sie nach dem Genuß des Schaf-Fleisches krank worden, vermeinet, es müsste notwendig das Schaf von einem Vampyr umgebracht worden sein. Da nun unerweislich ist, dass das Schaf von einem Vampyr getötet worden; so muß notwendig eine andere Urache darhinter stecken, dass das von der alten Frau gegessene Schaf-Fleisch ihr nicht nur eine Krankheit, sondern auch so gar den Tod verursachet hat.
Ich mutmaße demnach, dass das Schaf an einer Krankheit laboriret habe, und dass das alte Weib von dem Genuß des kranken Schaf-Fleisches erkranket und gestorben sei, wie diess eben auch, und zwar nicht ohne Grund, Putoneus (unter welchem Namen ein gelehrter Doctor Juris sich verergen soll) in seiner besondern Nachricht von denen Vampyren, oder sogenannten Blut-Saugern p. 34 schon vernünftig gemutmaßt hat. Was aber das Schaf vor eine Krankheit mag gehabt haben, nämlich ob es räudig, oder rotzig gewesen, oder ob es gepockt, oder geplattert, oder ob es die Taubsucht, (welche in einer Verruckung derer Sinnen bestehet) oder die Pest gehabt, oder ob es ein schädliches du giftiges Kraut gefressen habe, und davon gestorben sei, solches kann abermals, wegen Mangel gehöriger Nachricht, nicht eigentlich determiniret werden. Sufficit, dass wir wissen, dass das Schaf krank gewesen, und an seiner Krankheit crepiren müssen; auch die Frau gleich nach dem Essen des Fleisches von dem verreckten Schafe krank worden, und endlich gestorben sei.
Daß aber der Genuß des Fleisches von kranken Tieren, wenn sie auch schon lebendig geschlachtet worden, der Gesundheit des Menschen sehr schädlich sei, ist leider! Mehr als einmal durch die Erfahrung bekräftiget worden. Ich weiß zwar wohl, dass einige Medici und Natur-verständige Männer in der Meinung stehen, es könnte das Fleisch von kranken Tieren durch die Luft, durch den Rauch, durch Feuer, Salz, Essig und Wacholder-Beere so corrigiret werden, dass es, wenn es gegessen würde, nicht schadete. Es erzählet unter andern Josephus Lanzonus A. N. C. Centur. VIII Obs. 19 Daß, als in Italien Anno 1713 und 1714 unter dem Rind-Vieh ein morbus contagiosus, & pene pestilens grassiret hätte, einige Leute die musculos coxarum von dem umgefallenen Rind-Vieh separiret, selbige eingesalzet, nachmals geräuchert, und den darauf folgenden Winter ohne allen Schaden und Nachteil ihrer Gesundheit gekocht gegessen hätten. Memini, schreibt auch Fortunatus Fidelis Lib. I: de Relat. Medicor. Sect. IV. Cap. 2 nonnullos quondam pavones devorato veneno, quod muribus adparatum suerat, enecatos fuisse, illosque innoxie convivas esitasse, quoniam & incorrupta caro esset, & viscera rantum, indestinaque videbantur corrosa. Allein von solchen einzelen glücklich abgelaufenen Begebenheiten lässt sich’s nicht folgern; Ergo, schadet gar kein Fleisch, welches von kranken Tieren genossen wird; weil mehrere Exempel in contrarium können allergiret werden.
Als dem Augustino Thonero die Frage: Utrum carnis ovinae esus, si oves scabie infectae, innoxius? Zu decidiren vorgeleget worden, hat er gesagt, dass es allerdings schädlich und ungesund sei; weil leichte zu vermuten wäre, dass ein solches krätzichtes Schaf auch unreines Geblüte in denen Adern haben müsste; welche Unreinigkeiten sich ins Fleisch insinuirten, und in forma scabiei per cutim expelliret würden: Und wären die philosophischen Regeln mehr, als zu wahr, welche hießen: Qualis causa, tale caussatum: Qualis materia tale materiatum: Quale alimentum, tale alimentatum: Also könnte aus unreien du bösen Geblüte kein tüchtiges und nützliches Fleisch werden; folglich sei das Fleisch von einem krätzichten Schafe ungesnd, und könnte dessen Genuß verschiedene Krankheiten verursachen. Vid. Ej. Lib. IV. Observat. Medicinal. Cap. De Scabie Obs. 16.
Von dem Genuß des Fleisches von Hungarischen Ochsen, weil sie mit einer gewissen Seuche inficiret gewesen, haben viele Einwohner zu Venedig und Padua cruentas dejectiones bekommen, und nicht wenige daran sterben müssen, wie Schenckius Histor. Humor. Corpor. Human. Gener. Cap. 2. p. 38 referiret. Es sind zwar damals die Medici zu Venedig und Padua wegen dieses Ochsen-Fleisches selbst nicht einige gewesen. Denn die Paduaner haben gesagt, das Fleisch sei unschädlich; weil bei denen Ochsen nur ein contagium particulare & specificum gewesen, welches auf dem Wege aus Hungarn nach Italien seine schadende Kraft durch die lange und alltägliche Bewegung verloren hätte, ehe noch die Ochsen wären geschlachtet worden: Denen aber mit Recht die Venetianischen Medici hierinne widersprochen haben. Fabius Paulinus, ein Medicus Utiensis, hat damals den Rat gegeben, man sollte das Fleisch von denen Hungarischen Ochsen einsalzen, und in Essig legen, so würde es unschädlich und essbar werden; die viscera cum aliis interaneis aber hinwegwerfen; weil in denenselben die caussa morbi verboregn läge. Vid. Bernhardini Ramazzini Dissert. De Contagiosa epidemia, quae in Patavio agro, & tota fere Veneta ditione in boves irrwoait, p. 29. Allein dergleichen Praecantion ist nicht allezeit hinlänglich, Unglück zu verhüten. Denn jener geizige Landmann, der sein krankes Schwein, welches an dem Hals eine große Geschwulst hatte, schlachtete, das Fleisch davon wohl einsalzete, und nachmals lange räucherte; konnte doch nicht durch diese Vorsichtigkeit dem Fleische seine schädliche Wirkung benehmen. Denn als er mit den Seiigen von diesem Fleisch gegessen hatte, und kaum acht Tage vorbei waren, bekam er und die Seinigen Kopf-Weh, eine Geschwulst des Gesichtes, Schwindel, und öftere Ohnmachten; ja der alte Euclio musste mit seiner Frau und Sohn darüber zu Grabe gehen, wie Fehrius A. N. C. Dec. I. Ann. 6 & 7 Obs. 191 erzählet. Eine fast gleiche Historie referiret auch aus des Athanasii Kircheri Scrutinio pestis Hoffmannus Medicin. Rational. Systematic. Tom. II. Cap. 7 § 23 in Scholio.
Paulus Ammannus meldet in seinem Irenico Numae Pompilii cum Hippocrate, pag 175 seq dass zu Leipzig zwölf Studiosi durch den Tode hingerissen worden, weil der Occonomus des Convictorii daselbst ihnen übel zugerichtete und schädliche Speisen aufgetragen, auch schlechtes, und nichts nütziges Getränke vorgesetzet hätte. Denn die Christ-Stollen wären, nach der Zeugen Aussage, ganz hohl und bitter gewesen, hätten gestuncken, wie alte garstige Seife. Die Suppen hätten geschmeckt wie Unschlitt, das Fleisch wäre halb gekocht, harte, unabgeschäumet, noch blutend, ohne Würze, aufgetragen worden, und so oft als sie Fleisch gegessen, wäre ihnen gewesen, als wenn sie Gift im Leibe hätten. Der Oeconomus hätte magere Kühe verspeiset, welche NB. Die fließende Pest und dürre Franzosen gehabt, an dem Geschlinck wären Beulen gewesen, wie Tauben-Eier, Heydrüsen, und garstig Geschwür. Die Colaunen (a colo intestino) hätten stets nach der Herberge gerochen, wie weiland die unausgenommene gekochte Henne an Dr. Rebhans Tische zu Straßburg. Die Zugemüsse wären nicht gelesen worden, absonderlich sei der Gritz klebricht, bitter, und stinkend gewesen, angemacht mit stinkenden Fette und garstigen Lein-Oel. Das Sauer-Kraut wäre gleichfalls stinckend und voller Würmer gewesen. Der Kosent wäre ungejohren aufgetragen worden, und öfters so eine dicke Haut gehabt, als immer ein Trommel-Boden haben können. Ein herrliches Tractament!
Daß carnes vitiatae, & speciali contagio infectae malignos, & contagiosos morbos provociren können, bejahet der Herr Hof-Rath Alberti Dissert. De Longaevitate ex diaeta, & 5 p. 16 Anno 1648 hat ein febris epidemica, & maligna, wie Petrus Borellus Histor. & Observat. Medico-Physic. Cent. II. Obs. 32 berichtet, grassiret, und viele Menschen hinweg genommen; Ehe aber dieses Fieber unter denen Menschen zu grassiren angefangen, ist vorhero erst unter dem Schaf-Vieh ein Sterben gewesen; Da haben dann die Leute die Schafe, und zwar so wohl die gesunden als kranken, damit sie nicht hinfallen möchten, denen Fleischern zum Schlachten verkaufet; von dem Genuß dieses Fleisches aber ist nachmals die Seuche unter denen Menschen entsanden. Daß auch das Fleisch-Essen von kranken Vieh die so genannte Hungarische Krankheit caussiren könne, bejahen Sennertus Disput. De Morbo Hungarieo, seu castrensi, Cap. 4 § 7 unc Crausius Dissert. De Morbo Castrensi, Cap. 3 p. 16. Ja es können davon gar pestilenzialische Fieber entstehen, wie Martinus Rulandus Tract. De Morbo Hungarico, Cap. 2. p. 2ß schreibet.
Da nun der Genuß des Fleisches von kranken Tieren, wenn sie auch schon lebendig geschlachtet worden, die Menschen in so viele gefährliche Krankheiten stürzen kann; wie vielmehr wird das Fleisch, welches von einem kranken und schon verreckten Vieh genossen wird, der menschlichen Gesundheit schaden können: Nam, cum jam ultro conciderunt, schreibet Fortunatus Fidelis l. c. facile veneni, acmorbi vis in corpus universum irrepsit: Quod ipsiam etiam arguere aliquando manifestus potest foetone tam magna enim purredocontrahi in his folet, ut inde pestilentissimus tabus, atque ad inficiendum promtissimus saepe destillet: Scio enim, evenisse non raro, ut jumenta ipsa, quae morticinas hujus generis carnes subveherens, brevi interirent: Lethali illo scilicet illito cruore, aut mala utcunque transfusa qualitate. Da nun auch die Militza von einem kranken, und schon verreckt gewesenen Schafe das Fleisch gegessen; so hat selbige sich dadurch gar wohl eine tödliche Krankheit zuziehen können; zumal, da sie schon ein ziemlich hohes Alter gehabt, und also ihre Natur nicht vermögend gewesen, die Krankheit zu überwinden. Daß aber die alte Frau von der Genießung dieses schädlichen Schaf-Fleisches in kein Fieber, sondern in einen morbam chronicum, welcher drei ganze Monat lang gewähret, verfallen, solches ist wohl hauptsächlich dem sechzig-jährigen Alter des Weibes zuzuschreiben; weil bei solchen Subjectis, zumal weiblichen Geschlechts, der Natur es an gnugsamer Munterkeit, und Activität fehlet, dergleichen sobrilische (fe-?) Bewegungen zu excitiren, und mit gehörigen Vigeur fortsetzen.
Und von diesem alten Weibe sind nachmals auch andere Personen angesteckt worden. Denn die neueste Relation saget ausdrücklich, dass dieses Weib auf ihren Kranken-Bette ausgesagt habe, dass sie von dem Fleische eines von einem Vampyr umgebrachten Schafes gegessen hätte; Folglich muß dieses Weib in ihrer Krankheit von einigen ihrer Nachbarn sein besuchet worden, welche ihre Aussage mit angehöret haben; weil dieses abergläubische Volk ohne Zweifel wird begierig gewesen sein, die abenteuerliche Erzählung des alten Weibes mit anzuhören; Folglich haben diese die nociva effluvia, welche von dem kranken Weibe teils per expirationem halitus, teils per poros peripheriae corporis ausgegangen, mit der Luft in die Lunge ziehen, mit dem Speichel in den Magen schlucken, auch durch die Schweiß-Löcher in ihre Körper bringen, und also bei ihnen ein febrem malignam, & contagiosam verursachen, und eines das andere wieder anstecken können.
Nicht wenig mag auch zum baldigen krank werden, und geschwinden Absterben dieser Personen, die Furcht, und das Schrecken vor dem Kommen derer Vampyren contribuiret haben; weil, wie bekannt ist, beide Gemüts-Bewegungen nicht nur ad promtiorem miasmatis maligni hausti expansionem, & evolutionem vieles beitragen, sondern die Naturen der Patienten auch so confundiren können, dass sie die febrilischen Bewegungen, welche von ihnen zur Austreibung der höchst-schädlichen Materie aus ihren Körpern instituiret, und vorgenommen worden, zaghaft, turbulent, und unordentlich prosequrt haben; woraus denn nichts anders erfolgen können, als eine Hinderung, und Hemmung der Secretionum, & excretionum materiae miasmaticae, aus dieser eine größere Infection der annoch übrigen guten Säfte, und endlich aus dieser ein zeitiger, und baldiger Tod derer krank gewesenen Menschen.
Aus dem bisher gesagten erhellet demnach, meines Ermessens, zur Genüge, dass die verstorbenen Rätzen im Dorf Kisolova, und die Heyducken im Dorf Medwedia, an keiner andern als natürlichen Krankheit gestorben sind; dass man also nicht nötig habe, das Krank werden, und erfolgte Absterben dieser Personen denen in ihrer kranken Einbildung herum schwärmenden Vampyren, oder Blut-Saugern zuzuschreiben.
Was nun zweitens die Phaenomena, welche an denen toten Körpern bei der Ausgrabung von denen adstantibus sind observiret, und deswegen von ihnen vor Vampyren, oder Blut-Saugers gehalten worden, betrifft, solche können ebenfalls vor keine Wunderwerke gehalten, oder vor etwas teuflische ausgeschrieen werden; weil natürliche Ursachen vorhanden sind, von welchen diese wundersam scheinende Phaenomena hergeleitet werden können.
Das erste aber, was diesem abergläubischen Volke an denen ausgegrabenen Toten verdächtig vorgekommen, und weswegen sie vor wahrhafte Vampyren sind geachtet worden, ist, dass die toten Körper, und deren Gräber keinen Toten-Geruch von sich gegeben, die Leiber auch noch ziemlich frisch gewesen, vollkommen, und lebhaft ausgesehen, die alte Haut, welche etwas weißlicht gewesen, sich hinweg geschält, und eine neue frische darunter hervor getan habe; welches letztere sonderlich an dem Körper des Rätzen Plogojovitz soll wahrgenommen worden sein. Dieses alles aber kann nur solchen Leuten wundersam vorkommen, welche keine, oder doch geringe Erkenntnis von natürlichen Dingen haben, wie unsere dumme, und unwissende Rätzen, und Heyducken. Denn dass die ausgegrabenen toten Körper, und deren Gräber keinen Toten-Geruch von sich gegeben, darüber darf man sich eben nicht verwundern, weil ja die Körper noch ziemlich frisch, und ohne sonderbare Fäulnis gewesen, und auch deswegen noch vollkommen aussehen können. Daß sie aber, sonderlich der Plogojovitz lebhaft, und rot ausgesehen, hat von der gelinden Abgehung der cuticulae dependiret, wornach die übrige peripherie ein rötlicheres Aussehen vorgezeigt. Garmannus Lib. I de Miracul. Mortuor. Tit. 4 p. 161 erzählet von einem Soldaten, der nach dem Tode schöner ausgesehen, als er im Leben gewesen. Ein gleiches referiret auch von einem Religioso Laico ordinis D. Francisci Casparus a Rejes Elys. Jucundar. Quaest. Camp. Quaest. XXXV. Num. 9. Inzwischen sind doch diese arme ausgegrabene Leute schon wirklich tot gewesen, weil die Körper schon zu putresciren begonnen, wie solches bei dem Plogojovitz das Einfallen der Nase, die Abscedirung der Cuticulae, ja das rote Aussehen der Peripherieae, und bei diesem, und andern auch das Bluten bezeugen.
Daß aber diese toten Körper sich so lange frisch gehalten, und der Verwesung, oder Fäulnis nicht balde zu Teil worden sind, daraus ist ebenfalls kein Wunderwerk zu machen. Es müssen zwar alle menschlichen Körper vermöge ihrer Feuchigkeiten, und denn ihres Motus intestini, mit der Zeit eine alterationem qualitercunque corruptoriam, mixtionisque destructionem erfahren, nur dass selbige in einem, Orte, und bei einem Körper langsamer, als in, nd bei dem, anden zu geschehen pfleget; wie unter andern das Exempel, welches Thomas Bartholinus Opuscul. Anatom. De Lacteis thoracicis, & lymphaticis pasis p. 539 aus des Theophili Raynaudi Lib. De Incorruptione cadaverum erzählet, bezeuget ; es sei nämlich Anno 1642 in der Stadt Carpentras eine Weibs-Person ausgegraben, die vor vielen Seculis beerdigt worden, und noch ganz unversehrt ausgesehen : Die Glieder haben ordentlich an einander gehangen, doch daß die Haut, und das Fleisch dürre, und bräunlich, zugleich noch wohl bekleidet ausgesehen : Die Brüste, und der Hals sind weich, die Hüfte, die Wade am rechten Fuße, und die Schultern sind noch zärtlich anzufühlen gewesen : Die Haupt-Haare haben noch fest gesessen, die Ohren sind völlig vorhanden gewesen, doch die Zunge trocken, aber die Knorpel der Luft-Röhre noch frisch, das Gesicht aber ist von Haut, und Fleisch bei dem unvorsichtigen Ausgraben beraubet worden : In denen Augen hat man noch eine Feuchtigkeit, nd in dem Kopf gleichfalls einen humorem glutinosum, & obscurum bemerket. Die Genitalia haben noch ihre Pilos gehabt; als der Chirurgus Rollerius die eine mammam geöffnet, so hat er noch weißes, und feuchtes drüsiges Fleisch mit denen Fingern wahrgenommen, so keinen Gestank von sich gegeben.
Es sind aber verschiedene Ursachen, welche verhindern, dass die toten Körper nicht allzugeschwinde verfaulen, und der Verwesung zu Teil werden; auch zuwege bringen, dass viele Körper in denen Gräbern ganz austrocknen, ohne sich in Asche zu verwandeln, oder doch nur nach und nach zu Erde werden. Und dieses kann geschehen, wenn 1. die freie Luft von toten Körpern abgehalten wird; weil durch den liberum accessum aeris der Actus putrefactionis gar sehr befördert wird, wie man diese auch bei jährenden Dingen wahrnimmt. Denn je mehr eine materia fermentescens der Luft exponirt ist, je geschwinder, behänder, und heftiger dieselbe fermentiret, je mehr sie aber vor der Luft verwahret wird, je langsamer, und schwächer dieselbe jähret, wie solches sonderlich an dem Maß zu observiren ist. Nun ist aber die Putrefaction nichts anders, als eine perfecta, & absoluta fermentatio, gleichwie die Fermentation eine abrupta, & interpellata putrefactio ist; folglich wird auch die Luft, welche die Fermentation toter Leiber acceleriren müssen. Vid. Stahlii Zymotechn. Cap. 10 & 19.
Es wird aber durch die Abhaltung der Luft von toten Körpern verhindert, dass die subtilen Teile der materiae fermentativo-putredinosae nicht in die Luft exhaliren können, sondern zurücke bleiben müssen; folglich die sämtlichen Particulae zwar aus ihrer Vermischung, aber nicht sowohl, und häufig aus ihrem Situ aggregativo, kommen, sondern beisammen bleiben, und die alte Gestalt behalten, mithin bloß eine Art einer animalischen Vermoderung vorstellen können, obgleich die wenige Feuchtigkeit nach, und nach sich verziehet, und verrauchet. Und diese Abhaltung der Luft von toten Körpern wird am besten erhalten, wenn man dieselben in bleierne Särge leget, in dergleichen Särge die Königl. Französischen Körper, nachdem sie einbalsamieret worden, geleget werden sollen, wie Baysius in Libell. De Vasculis meldet: Sua enim densitate, schreibet er, prohibet plumbum, ne odor internus effluat, & dissipetur, neve externis aer illabatur; quae ratio est, cur corpora imputria diu servantur. Ein gleiches praestiren die Särge von Marmor-Stein, wie auch diejenigen, welche von guten festen, und harten Holze gemacht werden , und wohl verwahret sind. Vid. XXX Versuch der Natur- und Medizin-Geschichte Mens. Octobr. Clöass. IV. Art. 12 § 3.
Es putresciren auch die toten Körper langsam, wenn sie 2. nicht allzu succulent und saftig sind; deswegen die Körper derer Phlegmaticorum und Sanguineorum eher verfaulen, als die Leiber, welche trockner Natur sein, nämlich derer Cholericorum und Melancholicorum. Auch können die Körper dererjenigen länger von der Putrefaction frei bleiben, welche an einem febre hectica, lenta, phtisi, oder marasmo gestorben, als die Leiber dererjenigen, welche ein morbus escherticus, oder hydropicus ind die Gräber geleget hat. Ferner verfaulen und verwesen auch deren Leiber langsam, welche in ihrem Leben der Mäßigkeit im Essen und Trinken sich beflissen haben; dahingegen die Körper großer Fresser und Säufer einer geschwinden Putrefaction und Corruption unterworfen sind. Xenophon schreibet von denen Persianern, dass sie zur Erhaltung ihres Lebens sich nuit des Brots, des Nasturtii und Wassers mäßig bedienet hätten; dahero sie von solcher trockner Leibes-Constitution gewesen, dass sie weder vom Husten noch Schnupfen einige Incommodite gehabt; weswegen bei ihnen auch das Nasen-Schneuzen vor eine Schande gehalten worden. Von diesen Persianern meldet, aus dem Ammiano. Marcellino, Rhodiginus Lib. XXVI. Antiqu. Loction. Cap. 28 daß als sie die Stadt Amidam, welche die Römer im Besitz gehabt, belagert hätten, und bei der Belagerung von beiden Teilen viel Volk geblieben wäre, sei wahrgenommen worden, daß die entseelte Körper derer Römer und übrigen Europäer in einer Zeit von vier Tagen schon ganz verfault und corrumpirt, die Leiber der Persianer hingegen wären wie ausgetrocknete Klötze und Hölzer anzusehen gewesen. Und diese geschwinde Putrefaction feuchter und saftiger Körper vor trocknen Leibern dependiret einzig und allein, wie nur gemeldez worden, von dem Überfluß derer Feuchtigkeiten; weil diese das instrumentum motus fermentativo-putredinosi sind, wenn eine mäßige Wärme dazu kommt. Daß aber dem also sei, sehen wir klärlich an rebus fermentabilibus, e.g. an dem Zucker; denn je trockner derselbe aufbehalten wird, je weniger ist er einer jährenden Dissolution unterworfen; so bald man aber demselben ein fluidum aquaeum zufüget, so bald fängt er auch an zu jähren. An denen Baum-Früchten wird dieses ebenfalls observiret. Denn ein Obst, das recht reif und saftig ist, wird geschwinde und behände alteriret, und angehen; dahingegen trocknes und hartes Obst, welches man Lager- oder Winter-Obst nennet, sich lange Zeit hält, zumal wenn es an einem trocknen und einer trocknen Luft exponirten Orte aufbehalten wird. Woraus denn sattsam erhellet, dass mit vielen Feuchigkeiten angefüllte Körper gleichsam den Zunder zur baldigen Putrefaction bei sich tragen.
Und 3. ist auch das Terrain an einigen Orten so beschaffen, dass es die Toten vor der Faulnis eher praeserviret, als hierzu disponirt; wenn nämlich das Terrain hoch liegt, trocken, frisch, sandicht, und steinigt, gegen Norden situirt, auch etwan salinischer Natur ist, dergleichen in der Welt viele angetroffen werden, vid. Garmannus I c. Lib III Tit. 2 § 45 seq & Camerarii Dissert. Taurinens. Epist. 5 p. 69 von einer Berg-Gegend in Indien unsern der Stadt Cusco erzählet Cardanus Lib. VII de Rer. Variet. Cap. 39 daß allda die Pferde nicht verwesen, sondern auch nach vier Monaten noch in ihrer vollkommenen Gestalt ohne allen Gestank angetroffen werden. Der Leo Allatius l. c. p. 142 versichert, daß während der Zeit, als er zu Chio studiret, man in der Kirche des heiligen Antonii ein Grab geöffnet, wo man auf einem Haufen Knochen einen Leichnam von unermeßlicher Größe gefunden, daran die Haut aufgeschwollen und hart gewesen, daß, wenn man Steine auf die ausgespannte Haut fallen lassen, selbige wieder zurück geprallt wären, welches zwar Leo Allatius der Excommunication zuschreibet; allein Monsieur de la Croix dem Erdreich: Denn er saget l. c. Man findet Erdreich, welches die Eigenschaft besitzet, die Körper auszutrocknen, ohne selbige zu zernichten, wie man denn dergleichen viele in dem Begräbnis-Gewölbe derer Franciscaner zu Toulouse findet.
Daß ein sehr kaltes Terrain eben auch die Putrefaction tote Körper verhindern könne, ist daher zu vermuten, weil die Kälte überhaupt lange Zeit alle Fäulung abwendet. In Grönland und Spitzbergen sollen die Körper wegen der großen Kälte auf drißig und mehr Jahre ohne die geringste Fäulung unversehrt liegen bleiben, wie Thomas BartholinusTract. De Nivis usu medico, Cap. 12 bezeuget. Cons. Heinrici Sivers Bericht von Grönland Cap. 10 Slamuthus referiret Observat. Medicinal. Cent. III. Obs. 80 daß ein kleiner adelicher Knabe nach seinem Absterben in einer Kirche in ein sandichtes und kaltes Behältnis wäre gesetzet worden: Nach Verlauf vier Jahre sei eines aus Curiosité in die Gruft gestiegen, habe den Sarg geöffnet, und an dem Cadavere nichts wahrgenommen, als eine consumtionem oinnae narium, & praecordiorum circa costas. Corpora teraae mandata, schreibet Felix Platerus Quaesr. Medic. Paradox, & Endox. Cent. Posthum Quaest. IX. Si alte defossa sint, minime putrescere, ex cadaveribus, quorum quamplurima & mesium aliquor, & annorum spaciis exactis, post sepulturam rursum vel casu, cel studio effossa spectavi, diligenter observatvi, his rationibus persuasus, quod illa non putrida, aut foetida (nisi quatenus retrum odorem, limacum instar, aliquo modo sed arida, sicca, uti fumigarae suntcarnes, vel si longo tempore terae incluta suerint, in cineres, vel tenuissimum pollinem redactae, mox levissimo motu, vel flatu quoque concidant, atque evolent. Dein quod ossa integra, & falva, pleraque majora duriora remaneant, quae tamen, si caro vere putrescerer, ab illa infecta, eandem quoque, ut in viventium Sphacelis, corruptionem paterentur. Pstremo quod terra ipsa, qua nihil siccius existit, ejusmodi corpora longe melius, quam si pice, aut sale conderentur, a putredine conservare possit.
Aus diesem allen kann demnach leicht ersehen werden, daß die toten Körper nicht nur viele Tage und Wochen, sondern auch viele Jahr lang unverfault und unverwest bleiben können; und man also nicht nötig habe dererselben Erhaltung vor ein Wunder-Werk auszugeben, oder solche dem Teufel beizumessen, oder dem astralischen Geiste, der animae vegetativae, oder sonst einem andern principio obscuro zuzuschreiben.
Das zweite Phaenomenon, woraus die Rätzen und Heyducken haben erweisen wollen, dass die verstorbene und wieder ausgegrabene Leute wirkliche Vampyren wären, welche die Lebendigen umbrächten, ist, dass die Haare, der Bart und die Nägel an Händen und Füßen, von welchen die alten hinweg gefallen, wie sie borgegeben, an ihnen gewachsen wären. Was das Hinwegfallen der Nägel betrifft, solches wäre gar nichts unmögliches gewesen, indem eine gänzliche corruptio putredinosa in extremis digitorum manuum & pedum, so etwas caussiren können; weil auch bei lebendigen Personen zuweilen, wenn sie an einem febre maligna laboriret haben, ex appulsu materiae malignae ad radices unguium, dergleichen procidentia unguium erfolgen kann, wie das Exempel, welches Zacutus Lusitanus l. c. Lib. III. Obs. 102 anführet, sattsam erweiset.
Allein, weil die Relationes melden, dass die toten Körper Nägel gehabt hätten, so ist nicht glaublich, dass dieselben hinweg gefallen gewesen; weil keine neue Nägel an entseelten Körper wachsen können. Ich weiß zwar wohl, dass diejenigen Männer, welche schon etwas von denen Vampyren geschrieben haben, insgesamt zugeben, und sagen, dass das Haar- und Nägel-wachsen an toten Körpern ganz was natürliches sei, wie dieses auch schon vor ihnen vivle andere gelehrte Männer, als Aristoteles Lib. III. Histor. Animal. Cap. II & Lib II de Generat. Anim. Cap. 19 Johannes Grammaticus Comment. in Aristotel. Lib. II. De Generat. Animal. Cap. 4 Cardanus l. c. Lib. VIII. Cap. 40 Garmannus l. c. Lib. I. Tit. 1 & 10. Paraeus Lib. Ult sub. Findem oparum, Thomas Bartholinus Lib. III Anatom. Reform. Cap. I & Lib. IV. Cap. 1 Sebizium Disput. II Problem. 2. Senguerdius Exerc. VIII und Blancardus Anatom. Reformat. Cap. 34 gelehret und geglaubet haben.
Ich sehe aber nicht, wie sich diese ihre Meinung behaupten wollen; weil 1. kein Principium in einem toten Körper zugegen ist, welches den actum vegetationis exerciren könnte. Denn der Alten ihre anima vegetativa, zu welcher einige hier ihre Zuflucht nehmen, ist ein non-ens; non-entis autem nulla est operatio. Und der Calor post mortem non penitus extinctus, von welchem andere das Harr- und Nägel-Wachsen deduciren wollen, ist weder vor, noch nach dem Tode vermögend, an einem Körper Haare und Nägel wachsend zu machen, wie dieses Sennertus Lib. III Instit. Medic. Part. 1 Sect. 2 Cap. 3 gnugsam erwiesen hat; folglich ist das vorgegebene Haar- und Nägel-Wachsen an toten Körpern eine ganz unmögliche Sache.
Es wird auch 2. ein jeder, welcher den actum vegetationis bei lebendigen Körpern vernünftig betrachten will, finden und wahrnehmen, dass derselbe von einem vernünftigen Wesen, oder von unsere vernünftigen Seele ecerciret werde; weil die Vegetation a) durch motus geschieht, b) weil sie eine ordentliche Operation ist, und c) weil ein ruhiges und unruhiges Gemüte die Nutrition des Leibes befördern und hemmen kann. Nun gehöret ja ad actum vegetationis das Wachsen und Zunehmen der Haare und Nägel auch mit; folglich müssen auch diese Teile des menschlichen Leibes von der vernünftigen Seele des Menschen gebildet und genähret werden. Die Erfahrung redet mir hier selbst das Wort. Denn Athanasius Kircherus hat zu Rom ein Kind weiblichen Geschlechts gesehen, welches graue Haare mit auf die Welt gebracht, weil dessen Mutter, da sie schwanger gegangen, einen alten Grau-Kopf allzu genau betrachtet hatte. Vid. Ej. Lib III Mund. Magnet. Part. VII Cap. 7. Und Hillingius meldet A. N. C. Dec. II Ann. I. Obs. 160 daß eine Frau einen Knaben zur Welt geboren, welcher an beiden großen Fußzehen rechte Adlers-Klauen getragen, weil seine Mutter, da sie hohes Leibes gewesen, zu Wien über einen Adler, welcher große Klauen gehabt, sich entsetzt habe. Bildet aber die Seele des Kindes in Mutter-Leibe die Haare, und Nägel nach der Einbildung der Mutter; so sehe ich nicht, warum man diese Verrichtung der Seele außer Mutter-Leibe will disputirlich machen. Da nun die Bildung, und das Wachstum derer Haare, und Nägel von unserer Seele herrühret; diese aber im Tode den Körper völlig verlässet, und in die Ewigkeit eilet; so folget, dass an toten, und entseelten Körpern weder Haare, noch Nägel wachsen können.
Und 3. sehe auch nicht, was denen toten Körpern vor Nutzen von dem wachsen derer Haare, und Nägel zuwachsen könne; welches doch geschehen sollte, und müsste, wenn es mit dem Wachstum dererselben nach dem Tode seine Richtigkeit hätte. Deus enim, & Natura nihil faciunt frustra. Bei denen lebendigen Menschen haben beide Teile, Haare, und Nägel, iohren Nutzen. Denn a) sind die Haare gleichsam die Decke, welche das Haupt vor der strengen Kälte, und Luft defendiret; da hingegen die Kahl-Köpfe gar sehr von der äußeren Luft incommodiret werden, und insgemein ihre Schwachheit des Hauptes zu klagen pflegen. Und b) sind die Haare eine rechte Zierde des menschlichen Körpers, und erhöhen gleichsam dessen angenehme Gestalt, und Ansehen. Coma, saget Ambrosius Hexaemer Lib. VI reverenda est in senibus, veneranda in sacerdotibus, teribilis in bellatoribus, decora in adolescentibus, comta in mulieribus, dulcia in pueris; Tolle arboris comam, arbor ingrata est; humani corporis capillis, tota pulchritudo flaccescit.
Was die Nägel an Händen, und Füßen anlanget, diese sind gleichsam die Vormauer derselben, wo der Anlauf unserer Lebens-Säfte, und die Nerven unsers Leibes sich endigen, damit solchen in Verrichtung allerhand Arbeit, wozu sie von Nöten sind, kein Schade zugefügt werde. Auch tragen die Nägel vieles zur Zierde des menschlichen Leibes bei, wenn sie in ihren natürlichen Stand behalten werden; indem ein wohlgewachsener Nagel durch seinen Glanz, und Reinlichkeit eine Hand weit schöner vorstellet. Allein, was vor Nutzen können die Haare, und Nägel einem toten Körper geben, der deswegen in den Schoß der Erde geleget worden, dass er nach Gottes Willen wiederum in sein erstes Wesen soll verwandelt werden? Und was vor Zierde würde ein entseelter Leib erlangen, wenn das Haar, und die Nägel im Grabe wachsen sollten? Gewißlich keine; sondern er würde dadurch weit hässlicher, und ungestalteter gemacht werden, die Gestalt eines lebendigen Menschen verstellen können. Da nun das Haar- und Nägel-Wachsen weder zum Nutzen, noch zur Zierde einem toten Körper gereichen kann, Gott aber, und die Natur nichts vergeblich machen; so folget, dass das Vorgeben, als wüchsen auch nach dem Tode an denen Körpern Haare, und Nägel, ein ganz ungegründetes Vorgeben sei.
Es provociren zwar diejenige, welche der Gegen-Meinung zugetan sind, auf die Erfahrung, und sagen, es könnte nicht geleugnet werden, dass Haare, und Nägel an toten Körpern wüchsen; weil solches ein jeder an denen Leibern derer Missetäter nach empfangener Strafe an öffentlichen Gerichten, und an andern entseelten Körpern, welche in Gewölber, und Grüfte gesetzet würden, sehen könnte. Paraeus i. c. meldet, daß er ein cadaver mumisatum gehabt, dem er etlichemal die Nägel abgeschnitten habe ; Und Blancardus l. c. schreibet, dass er einen Abortum von sieben Monat alt aufbehalte, dessen Haare, und Nägel wären nachhero viel länger worden, als sie zu der Zeit, da er zur Welt kommen, gewesen wären.
Ich antworte aber diesen gelehrten Männern mit dem Tralliamo Lib. I. Problem. 10 Alexandro Aphrodisaeo Lib. I Problem 145 Sultzbergero Disput. de Pilis, in Corollar. Und Schmiedio Dissert. De Canitie praematura hierauf, dass es zwar scheine, als wären die Haare am Haupte, am Kinn, und andern Teilen des Leibes, wie auch die Nägel an denen Händen, und Füßen entseelter Körper gewachsen, in der Tat aber sind sie nicht gewachsen, sondern die Sache verhält sich also: Weil nach dem Tode die Circulatio Sanguinis cessiret, und kein Geblüte mehr ad peripheriam corporis geführet wird, so wird die Haut, und die darunter liegenden fleischichten Teile nach, und nach welk, fallen zusammen, und schwinden gleichsam, also, dass nachmals nicht nur die Haare, sondern auch die Nägel an denen toten Körpern usque ad radices sich unsern Augen zeigen. Es gibt auch viele Menschen, welche auf die Zierde, und Wohlstand ihrer Leiber nicht viel halten, sondern der Sectae derer Cynieorum zugetan sind, und also wenig achten, ob die Haare, und Nägel kurz, oder lang sind. Man findet auch Leute, welche es vor eine sonderliche Zierde halten, wenn die Nägel an denen Händen fein lang sind, und denen Geyers-Klauen gleich sehen, wie von dem Chinesischen Kaiser, und dessen vornehmsten Bedienten gesagt wird, Vid. Append. III Legat. Patav. Ad Imper Sinar und von einigen Italienern Pechlinus Lib. De Habitu, & colore Aethiopum, Cap. 2 referiret. Ja es sind auch viele abergläubische Kranke, welche sich nicht getrauen, die Nägel abzuschneiden, weil sie, ich weiß nicht was vor eine Gefahr dadurch sich zuziehen sollen; oder wohl gar in dem tollen Wahn stehen, als würden die Engel am jüngsten Tage aus denen abgeschnittenen, und mit ins Grab genommenen (und vielleicht auch aus denen annoch an sich habenden) Nägeln sich ihre Posaunen verfertigen, Vid. Thom. Bartholinus Histor. Anatom. Rar. Cent. III Histor. 78 Wenn nun dergleichen Menschen mit solchen langen Nägeln sterben, und zu Grabe gebracht werden, so kann alsdann nicht anders sein, als daß sie bei solchen toten Körpern, wenn sie nach einiger Zeit wieder ausgegraben werden, einem lang vorkommen müssen. Aus diesem nun, was von dem Nicht-wachsen der Haare, und Nägel an toten Körpern kürzlich gesagt werden, kann leicht geurteilet werden, dass das Vorgeben derer Rätzen, und Heyducken von dem neuen Wachstum derer Haare, und Nägel an denen vermeinten Vampyren ein ganz ungegründetes Vorgeben gewesen sei.
Das dritte Phyenomenon, welches an denen ausgegrabenen toten Körpern von denen Rätzen, und Heyducken wahrgenommen worden, und weswegen sie dieselben vor Vampyren, oder Blut-Sauger ausgeschrieen haben, ist das Bluten gewesen. Denn von dem Rätzen Plogojovitz wird gemeldet, dass sie in seinem Munde nicht ohne Erstaunen einiges frisches Blut erblicket hätten, und bei der Durchstechung seines Herzens mit einem gespitzten Pfeil wäre das Blut, so ganz frisch gewesen, nicht nur aus der gemachten Öffnung, sondern auch durch Mund, und Ohren geflossen. Und von dem Heyducken, Arnold Paole wird geschrieben, dass bei der Aufgrabung ihm das frische Blut zu denen Augen, und Nase, Mund und Ohren heraus geflossen, und das Hemde, Über-Tuch, und Sarg ganz blutig gewesen sei. Und nachdem sie , ihrer Gewohnheit nach, durch dessen Herz einen Pfahl geschlagen, hätte die Wunde häufiges Blut von sich gegeben. Dieses Bluten derer toten Körpern hat nun sollen, und müssen ein Zeichen, und Zeuge sein, dass diese entseelten Körper Vampyren gewesen; da es doch was ganz natürliches ist, wenn an einigen Körpern nach dem Tode eine Cruentation sich äußert.
Es ist aus der Erfahrung bekannt, dass einige Subjecta apoplectica nach dem Tode aus der Nase, Mund, und Ohren, ja wohl gar aus denen Augen vieles Geblüte profundiren; welches sonderlich zu geschehen pfleget, wenn apoplexia a repente turbato progressu sanguinis intra cerebrum, aut a nimio cerebri insarctu cum sanguine, aut a vehementi, & contumaci congestione sanguinis intracerebrum, aut irregulari molimine haemorrhagico in, & e cerebro, entspringet; noch viel ehender geschieht dergleichen profusio sanguinis, wenn hitzige Medicamenta bei dem Patienten sind adhibiret worden, wenn derselbe ein allzuwarmes, und heißes Regiment halten müssen, und stark von Leibe gewesen ist, auch wenn die Witterung warm ist, und noch andere äußerliche Umstände concurirren, welche die Putrefaction befördern, Vid. Schneideri Lib. De Apoplexia, Cap. 22, p. 734. Dergleichen profluvia sanguinis werden zuweilen auch bei jungen Personen pbserviret, welche synocha simplici, oder putrida, oder febribus continuis, oder inflammatoriis laboriret haben, und daran gestorben sind; welche aber von nichts anders, als von denen motibus narium haemorrhagias urgendtibus criticis, & eccriticis herkommen; denn weil das häufig nach, und nach in das Haupt getriebene Geblüte nicht zum Durchbruch gelangen mögen; so geschiehet, dass nach dem Absterben solcher Personen solche Blut-Flüsse erfolgen. Ein gleiches kann auch geschehen bei subjectis junioribus plethoricis, welche an einem febre maligna gestorben sind. Denn bei solchen kann gar leichte nach dem Tode ob magnum motus pgradum in partibus fluidis, & solidis aus verschiedenen zarten Teilen des Leibes das Geblüte hervorbrechen. Ein mehreres hiervon kann in des Herrn Hof-Rats Alberti gelehrter Dissert. De Haemorrhagiis mortuorum, & jure cruentationis nachgelesen werden
Da man nun aus der Erfahrung ganz gewiß weiß, das verschiedene tote Körper entweder gleich, oder inige Stunden und Tage nach der Entseelung Blut effundirt haben, dergleichen Exempla vom Bierliugio Advertar. Curiosor. Cent. P. pbs. II. Binningero Observat. & Curat. Cent. IV. Obs. 100 Hagendornio Histor. Medico-Physic. Cent. III. Obs. 45. Helwichio A. N. C. Dec. III. Ann. 4. Obs. 3 Riedlino Curar. Medic. Cent. X. Obs. 83. und andern erzählet werden; wie vielmehr wird solches geschehen können, wenn tote Körper schon vierzig Tage, wie des Arnold Paole Leib, oder gar siebzig Tage, wie des Plogojovitzens cadaver, im Grabe gelegen, und wirklich zu Putrsciren angefangen haben; weil durch die Fäulnis teils die partes corporis solidae fibrosae sehr relaxiret, mürbe und weich werden, und also dem Durchbruch des Geblütes so zu reden Tür und Tor öffnen; teils auch das Geblüt selbst durch den motum auctum intestinum, 6 putrefactorum dünn und flüssig gemacht wird, dass es leicht durch die partes emollitas, & relaxatas dringen und erumpiren kann. Dann, obgleich anfangs bei den meisten toten Körpern, so bald dieselbe erkalten, das Blut zusammen rinnet und dick wird; so geschieht soch, dass das Blut, wenn die Leiber anfangen zu putresciren, sich wieder zerläset, gleichwie wir es an demjenigen Blute sehen, so bei dem Aderlassen in kleine Becken aufgefangen wird, welches zwar erst gerinnt, hernach aber, wenn die Wärme, so aus der Fäulung entstehet, an statt der natürlcihen Wärme, die das Blut im Fließen erhält, sich äußert, so wird es wieder flüssig. Ist also die Cruentatio cadaverum derer Rätzen und Heyducken ein ganz natürliches Werk gewesen.
Endlich wird auch viertens in der Relation von Anno 1725 berichtet, dass an dem Rätzen Plogojovitz noch ander wilde Zeichen wären observiret worden. Einige mutmaßen, es würde wohl dadurch die erectio penis verstanden worden sein; Wenn nun diese Mutmaßung seine Richtigkeit hat, so ist daraus ebenfalls kein Wunder zu machen, weil dieses bei Toten eben nichts ungewöhnliches ist, wie solches die Exempel, welche vom Alexandro Benedicto Lib. XXIV de Morb. Curand. Cap. 19. Fernelio Lib. VI Patholog. Cap. 13 Salmutho i. C. Obs. 105 angeführet werden, gnugsam bezeugen. Ich könnte nun auch allhier verschiedene Ursachen beibringen, welche die erectionem penis post mortem caussiren können; Allein weil hiervon Garmannus i. c. Lib. I. Tit. 32 § 7 seq schon weitläufig gehandelt hat: so will denn dieses zu wissen begierigen Leser dahin verwiesen haben. Und hiermit haben meine Muthmaßlichen Gedancken ein Ende.

Gutachten der Königl. Preußischen Societät derer Wissenschaften, von denen Vampyren, oder Blut-Aussaugern.

Allerdurchlauchtigster, Großmächtiger König, Allergnädigster König und Herr etc.
EW. Königl. Majest. Ist es allergnädigst gefällig gewesen, duch den Vice-Präsidenten, Grafen von Stein, das in Original hierbei kommende Protocoll, die so genannte Vampirs, oder Blut-Aussaugers zu Medwedia in Servien betreffend, uns communiciren zu lassen, mit allergnädigsten Befehl hierüber an Dieselbe unser ohnvorgreifliches alleruntertänigstes Gutachten zu erstatten. Sothanen allergnädigsten Befehl zu allergehorsamster Folge haben wir uns den 7ten dieses hierüber zusammen gestan, das Factum verlesen, die darinn angeführten Umstände reiflich erwogen, und uns darauf nachstehenden Gutachtens verglichen; Was nun anfänglich das Protocoll an und vor sich selbst betrifft, enthält selbiges allerhand, teils solche Facta, welche denen Commissarien nur von andern berichtet worden, teils aber auch solche, die von ihnen selbst untersuchet, und was sie bei Ausgrabung und Inspektion der Körper wirklich befunden haben; Dahero dann unsers wiewohl ohnmaßgeblichen Ermessens nach Anleitung des Protocolli ein Unterscheid zu machen, 1. unter denjenigen Factis, so denen Commissarien von andern Leuten referiret, und 2. in Ansehen der übrigen von ihnen angeführten Factorum, welche gedachte Commissarien abgehöret, ingleichen was sie gesehen, examoniret, und mit allen Umständen niedergeschrieben haben. Bei dem erstern Artikel, und demjenigen, so Zeugen von dem Heyducken Arnold Paole, und wider selbigen angeführet, ist derselben Aussage general und summarisch, ohne Specificirung der Zeit und des Orts, und auf was Weise, auch gegen wem Arnold Paole deponirter maßen sich heraus gelassen. Es lässet sich auch aus der Ausgrabung und denen an dieses Paole Körper befundenen Blute, Nägeln an Händ und Füßen, auch dem bei Durchschlagung des Pfahls durchs Herz angemerkten Geröchzer oder Laute, auf die Vampyrschaft kein bündiger Schluß machen, maßen dann die erstern Phaenomena ihre natürliche Ursachen haben, das Geröchzer und der Laut aber wegen der in der Cavität des Herzens annoch befindlichen ausgebrochenen Luft geschehen sein kann. Übrigens ist gewiß, dass die Erscheinung dieser Blut-Sauger, auch worinn selbige bestanden, mit nichts dargetan, und wie keine Spuren davon in der Hitsorie, und in den hiesigen so wenig, als anderen Evangelischen Landen, jemals gefunden, außer dass in den vorigen Zeiten hi un wieder von Einschluckung der Grab-Tücher und Schmatzen in den Gräbern Erzählungen geschehen, solches aber bei der Untersuchung unrichtig befunden, und als ein schädlicher Irrtum und Aberglaube verworfen worden. Bei dem zweiten Punkt lassen wir zwar die Untersuchung der Commissarien in ihrem Werte beruhen, wir können aber dabei nicht unangezeigt lassen, dass so viel die von ihnen so genante Stana betrifft, selbige laut Protocollo im 20ten Jahr ihres Alters, und allererst vor zweien Monaten von Zeit ihrer Niederkunft gestorben, bei welchen Umständen dann jetztgedachte Stana, bevorab da selbige zu Anfange des Winters allererst begraben, zu der angegebenen Zeit unverwesen sein können, ohne dass man nötig habe,m ihre Aussage wegen der Vampyrschaft statt finden zu lassen; wie dann auch nichts ungewöhnliches, dass die Sehnen und Blut-Adern nebst der Herz-Kammer bei denen natürlich Verstorbenen mit keinem geronnenem Geblüt angefüllet; Ingleichen dass bei andern dergleichen Verstorbenen Lunge, Leber, Magen, Milz, und das übrige Eingeweide nicht sonderlich angegangen, und vermutlich wie bei obigen sogenannten Vampyrs gefunden, ob gleich selbige keine Vampyrs gewesen, noch jemals etwas verdächtiges von ihnen ausgesagt worden; Ebener maßen hat das Wachsen der Nägel und Haare, so denen Vampyrs als eine besondere Eigenschaft beigeleget wird, in so weit seine natürliche Ursachen, dass, wann andere Umstände dabei concurriren, und in genaue Erwägung gezogen werden, nichts miraculeuses dabei vorhanden sein werde, wovon man Exempel anführen könnte, jedennoch aber Kürze halber solches aussetzen wollen. Was weiter von einer Frauens-Person, namens Militza, angeführet wird, dass selbige vieles liquides Geblüt und gesundes Eingeweide gehabt, unter andern auch an statt ihrer magern Leibes-Complexion fett und vollkommen gewesden; so ist bereits in Ansehung des ersten geantwortet; Was aber die Veränderung des Körpers anbelanget, kann dergleichen anscheinende Fettigkeit aus einer faulenden Gärung geschehen sein, wie dann auch, was bei denen folgenden Numeris von denen unverweseten Körpern angezeiget wird, solche seine natürliche Ursachen haben kann, indem nach Art und Beschaffenheit der Krankheit und des Körpers, der Jahrs-Zeit, des Alters etc. ein Körper vor dem andern der Fäulnis eher oder später unterworfen: und ist übrigens am meisten zu desideriren, dass bei dieser Untersuchung in Ansehung der Leute, welchen das Blut ausgesogen sein soll, kein lebendig Exempel, noch weniger aber die Art, wie selbiges geschehen? Ingleichen ratione der Erscheinungen keine Spuren gezeiget werden, maßen dann das Exempel von der Frauens-Person Stanoicka, und dessen, was ihrem Angeben nach mit dem verstorbenen Millove ihr begegnet, um so vielweniger zu attendiren, als dergleichen Weiber, wenn sie von melancholischer Complexion zu nächtlicher Zeit in Träumen, und sonsten sich allerhand fürchterliche Gesichter vorstellen können; Aus diesem einizigen Exempel aber auf die Wirklichkeit dieser Erscheinung und die Aussaugung an und vor sich selbst kein Schluß zu machen ist. Letztlich ist insonderheit hierbei anzumerken, dass die bisherige Blame der Vampyrschaft nur auf lauter arme Leute gebracht, und man ohne vorgängiger umständlichen, wenigstens aber uns nicht communicirten Untersuch- und Erörterung die Toten in den Gräbern geschmipft, und als Maleficanten tractiret worden. Bei welchen der Sachen Bewandnis dann wr davor halten, dass man bei dieser Quaestion behutsam zu verfahren, und noch zur Zeit nicht glauben kann, dass dergleichen Aussaugung von den toten Körpern geschehe, auch selbige ihre Qualität durch die Aussaugung, oder den Gebrauch ihres Bluts, und der Erde von denen Gräbern, worinnen sie liegen, nicht fortpflanzen können, noch weniger aber, dass man sich der darwider adhibirten Mittel der Exequirung dieser Toten mit Effect gebrauchen könne.
Welches Ew. Königl. Majest. Wir unserer alleruntertänigsten Obliegenheit nach zu referiren nicht ermangeln sollen. Die wir in untertänigster Devotion beharren
Ew. Königl. Maj.
Berlin, den 21. Mart.
1732

alleruntertänigst-treugehorsamste

Zur Königl. Societät derer Wissenschaften verordnete Vice-Praesident, Doctoren u. Mit-Glieder.

Samstag, 11. September 2010

Neues Dark Spy Magazine Nr. 37 (5/2010)


Frisch erschienen ist die 37. Ausgabe des Dark Spy Magazines, für welche ich wieder das Geschichts-Special verfasst habe. Diesmal geht es um Werwölfe....

Donnerstag, 2. September 2010

Neuerscheinung: Die Begegnung .- und andere düstere Winterlegenden


Frisch erschienen und in Kürze lieferbar ist die Anthologie "Die Begegnung - und andere düstere Winterlegenden", in der neben Beiträgen von Wolfgang Hohlbein, Aino Laos, Tanya Carpenter, Bernd Rümmelein, Ascan von Bargen, Alf Leue, Andreas Gruber, Andrea Gunschera und Carola Kickers auch eine Kurzgeschichte von mir mit dem Titel "Der dunkle Wald" enthalten ist.

Auf der Seite der Herausgeberin Alisha Bionda kann man sich schonmal einen kleinen Vorgeschmack holen!

Sonntag, 15. August 2010

Der anonyme Nürnberger Visum et Repertum Druck aus dem ersten Halbjahr 1732

Der kleine anonym herausgegebene Druck mit dem Titel Visum et Repertum, über die so genannten Vampirs, oder Blut-Aussauger, so zu Medvegia in Servien, an der Türkischen Granitz, den 7. Januarii 1732 geschehen war war das erste gedruckte Schriftwerk, das im Jahre 1732 den Vorfall über die Medvegya-Vampire einem breiten Publikum zugänglich machte. Es enthält das Gutachten Flückingers über die Medvegya-Vampire (welches dem Druck auch seinen Namen gab) sowie den Bericht Frombalds über den Kisolova-Vorfall von 1725. Als eine Art Nachwort legt der unbekannte Herausgeber außerdem seine Gedanken zum Kauen und Schmatzen der Toten in Gräbern dar. In diesem Druck wird übrigens auch das Ausfertigungsdatum des Kisolova-Berichtes von 1725 erwähnt, das in allen übrigen zeitgenössischen Werken fehlt.

Hier der ungekürzte Text:

Visum et Repertum,
Über die so genannten
Vampirs,
oder
Blut-Aussauger,
so zu Medvegia in Servien, an der Türkischen Granitz, den 7. Januarii 1732 geschehen.

Nebst einem Anhang
Von dem
Kauen und Schmatzen
Der
Toten in Gräbern.

Nürnberg,
bei Johann Adam Schmidt,
1732.


Nachdem das Anzeigen geschehen, dass in dem Dorf Medvegia, die so genannten Vampirs, einige Personen, durch Aussaugung des Bluts umgebracht haben sollen: Als bin ich auf hohe Verordnung eines allhiesigen Hochlöblichen Ober-Commando, um die Sache vollständig zu untersuchen, nebst darzu commandirten Herrn Officiern und 2 Unter-Feldscherern dahin abgeschicket, und gegenwärtige Inquisition in Beisein des der Stallater Hexducken Compagnie Capitain, Gorschiz, Hadnack, Bariactar und ältesten Heyducken des Dorfes folgender maßen vorgenommen und abgehöret worden. Welche denn einhellig aussagen, dass vor ungefähr 5 Jahren ein hiesiger Heyduck, Namens Arnond Paole sich durch einen Fall von einem Heuwagen den Hals gebrochen; dieser hatte bei seiner Lebens-Zeit sich öfters verlauten lassen, dass er bei Gossowa in dem Türckischen Servien von einem Vampir geplagt worden sei, dahero er von der Erde des Vampirs Grab gegessen, und sich mit dessen Blut geschmieret habe, um von der erlittenene Plage entlediget zu werden. In 20 oder 30 Tagen nach seinem Tod-Fall haben sich einige Leute geklaget, dass sie von dem gedachten Arnond Paole geplaget, würden; Wie denn auch wirklich 4 Personen von ihm umgebracht worden. Um nun dieses Übel einzustellen, haben sie auf Einraten ihres Hadnacks, welcher schon vorhin bei dergleichen Begebenheiten gewesen, diesen Arnond Paole, beiläufig 40 Tage nach seinem Tod ausgegraben, und gefunden, dass er ganz vollkommen und unverwesen sei, auch ihm das frische Blut zu denen Augen, Nasen, Mund und Ohren heraus geflossen, das Hemd, Übertuch und Truhe ganz blutig gewesen, die alte Nägel an Händen und Füßen samt der Haut abgefallen, und dagegen neue andere gewachsen sein, weilen sie nun daraus ersehen, dass er ein wirklicher Vampir sei, so haben sie demselben nach ihrer Gewohnheit einen Pfahl durchs Herz geschlagen, wobei er einen wohlvernehmlichen Gächzer getan, und ein häufiges Geblüt von sich gelassen; Wobei sie den Körper gleich selbigen Tag zu Aschen verbrennet, und solche in das Grab geworden. Ferner sagen gedachte Leute aus, dass alle diejenige, welche von denen Vampiren geplaget und umgebracht würden, ebenfalls zu Vampiren werden müssen. Also haben sie die obberührte 4 Personen auf gleiche Art exequiret. Dann fügen sich auch hinzu, dass dieser Arnond Paole nicht allein die Leute, sondern auch das Vieh angegriffen, und ihnen das Blut ausgesaugt habe. Weil nun die Leute das Fleisch von solchem Vieh genutzet, so zeiget es sich aufs neue, dass sich wiederum einige Vampirs allhier befinden, allermaßen in Zeit von 3 Monaten 17 junge und alte Personen mit Tod abgangen, worunter einige ohne vorher gehabte Krankheit in 2 oder längstens 3 Tagen gestorben. Dabei meldet der Heyduck Joviza, dass seine Schwieger-Tochter, Namens Stanacka, vor 15 Tagen sich frisch und gesund schlafen geleget, um Mitternacht aber ist sie mit einem entsetzlichen Geschrei, Furcht und Zittern aus dem Schlaf aufgefahren, und geklaget, dass sie von einem vor 9 Wochen verstorbenen Heyducken Sohn, Namens Milloe sei um den Hals gewürget worden, worauf sie einen großen Schmerzen auf der Brust empfunden, und von Stund zu Stund sich schlechter befunden, bis sie endlich den dritten Tag gestorben.
Hierauf sind wir denselbigen Nachmittag auf den Freidhof, um die verdächtigen Gräber eröffnen zu lassen, neben denen oft gemeldten ältesten Heyducken des Dorfes ausgegangen, die darinnen befindliche Körper zu visitiren, wobei nach sämtlicher Secirung sich gezeiget:
1. Ein Weib, Namens Stana, 20 Jahr alt, so vor 2 Monaten nach einer 3tägigen Krankheit ihrer Niederkunft gestorben, und vor ihrem Tod selbst ausgesagt, dass sie sich mit dem Blut eines Vampirs gestrichen hätte, folgendlich sie so wohl als ihr Kind, welches gleich nach der Geburt verstorben, und durch leichtsinnige Begräbnis von denen Hunden bis auf die Hälfte verzehret worden, ebenfalls Vampiren werden müssen; war ganz vollkommen und unverwesen; Nach Eröffnung des Körpers zeigte sich in cavitate pectoris eine Quantität frisches extravasirtes Geblüts; Die Vasa, als arteriae und venae nebst denen ventriculis cordis, waren nicht, wie es sonsten gewöhnlich, mit coagulirtem Geblüt impliret; Die sämtliche Viscera, als Fulmo, herpar, stomachus, lien & intestina waren dabei ganz frisch, gleich bei einem gesunden Menschen; Der Uterus aber befand sich ganz groß, und externe sehr inflammiret, weil Placentum, als auch Lochiae bei ihr geblieben, daher selbiger in völliger putredine war; Die Haut an Händen und Füßen, samt den alten Nägeln fielen von sich selbst herunter, hergegen zeigeten sich nebst einer frischen und lebhaftigen Haur, ganz neue Nägel.
2. War ein Weib, Namens Miliza, beiläufig 60 Jahr alt, welche nach 3 Monatlicher Krankheit gestorben, und vor etlich und 90 Tagen begraben worden; in der Brust befande sich viel liquides Geblüt, die übrige viscera, waren gleich der vorgemeldeten in einem guten Stand. Es haben sich bei der Secirung die umstehende sämtliche Heyducken über ihre Fette und vollkommenen Leib sehr verwundert, einhellig aussagend, dass sie das Weib von ihrer Jugend auf wohl gekannt, und Zeit ihres Lebens ganz mager und ausgedörret ausgesehen und gewesen, mit nachdrücklicher Vermeldung, dass sie in dem Grab zu eben dieser Verwunderungs-würdigen Fettigkeit gelanget sei: Auch derer Leute Aussagen nach solle sie jetziger Zeit den Anfang derer Vampire gemacht haben, zumalen sie das Fleisch von denen Schafen, so von denen vorhergehenden Vampiren umgebracht worden, gegessen hätte.
3. Befande sich ein 8 tägiges Kind, welches 90 Tage im Grabe gelegen, gleicher maßen in Vampiren stand.
4. Wurde ein Heyducken Sohn, 16 Jahr alt, ausgegraben, so 9 Wochen in der Erden gelegen, nachdem er an einer drei tägigen Krankheit gestorben war, gleich denen andern Vampiren gefunden worden.
5. Ist der Joachim, auch eines Heyducks Sohn, 17 Jahr alt, in drei tägiger Krankheit gestorben, nachdem er 8 Wochen und 4 Tage begraben gewesen; Befande sich bei der Section gleichergestalt.
6. Ein Weib, Namens Ruscha, welche nach zehen tägiger Krankheit gestorben, und vor 6 Wochen begraben worden, bei welcher auch viel frisches Geblüt nicht allein in der Brust, sondern auch in fundo ventriculi gefunden habe, gleichfalls bei ihrem Kind, so 18 Tage alt war, und vor 5 Wochen gestorben sich gezeiget hat.
7. Nicht weniger befande sich ein Mägdlein von 10 Jahren, welche vor 2 Monaten gestorben, in obangezogenem Stande ganz vollkommen und unverwesen, und hatte in der Brust viel frisches Geblüt.
8. Hat man des Hadnacks Eheweib, samt ihrem Kinde ausgegraben, welche vor 7 Wochen, ihr Kind aber, so 3 Wochen alt war, und vor 21 Tagen gestorben, dabei aber gefunden, dass so wohl die Mutter als Kind völlig verwesen, obwohl sie gleich der Erd und Gräber derer nächst gelegenen Vampiren gewesen waren.
9. Ein Knecht des hiesigen Heyducken-Corporals, Nahmens Rhade, 23 Jahr alt, ist in 3 monatlicher Krankheit gestorben, und nach 5 wöchentlicher Begräbnis völlig verwesen gefunden worden.
10. Des hiesigen Bariactar sein Weib, samt ihrem Kinde, so vor 5 Wochen gestorben, waren gleichermaßen völlig verwesen.
11. Bei dem Stanche, einen Heyducken 60 Jahr alt, so vor 6 Wochen gestorben, habe ich ein häufiges gleich denen andern liquides Geblüt in der Brust und Magen gefunden; das ganze Corpus war in oft benannten Vampir-Stand.
12. Milloe ein Heyduck 25 Jahr alt, so 6 Wochen in der Erden gelegen, befande sich gleichfalls in ermeldtem Vampir-Stand.
13. Stanoicka, eines Heyduckens Weib, 20 Jahr alt, ist in 3 tägiger Krankheit gestorben, und vor 18 Tagen begraben worden; Bei der Secirung habe ich gefunden, dass sie in dem Angesicht ganz rot und lebhafter Farbe war, und wie oben gemeldet, sie von des Heyducks Sohn, Namens Milloe sei um Mitternacht um den Hals gewürget worden, sich auch augenscheinlich gezeiget, dass sie rechter Seiten unter dem Ohr einen blauen mit Blut unterloffenen Fleck eines Fingers lang gehabt; bei Herausnehmung ihres Grabes flosse eine Quantität frisches Geblüt aus der Nasen; Nach der Secirung fande ich, wie schon oft gedacht, ein rechtes balsamisch frisches Geblüt, nicht allein in der Höhle der Brust, sonder auch in ventriculo cordis; die sämtliche Viscera befanden sich in vollkommen gesunden und gutem Stand; die Unter-Haut des ganzen Körpers samt denen frischen Nägeln an Händen und Füßen, waren gleichsam ganz frisch.
Nach geschehener Visitation sind denen Vampiren die Köpfe durch die dasige Zigeuner herunter geschlagen worden, und samt denen Körpern verbrennet, die Aschen davon in den Fluß Morava geworfen, die verwesene Leiber aber wiederum in ihre vorgehabte Gräber geleget worden. Welchen hiermit nebst den mir zugegebenen Unter-Feldscherern befestigen. Actum ut supra.

(L S.) Johannes Fluckinger, Regiments Feldhscerer, Löbl. B. Fürszenbuschl. Regiments zu Fuß.

(L.S.) J. J. Sigel, Feldscherer von Löbl. Morallischen Regiment.

(L.S.) Johann Friedrich Baumgarten, Feldscherer Löbl. B. Fürstenbuschl. Regiments zu Fuß.

Wir Endes Unterschriebene attestiren hiermit, wie, dass alles dasjenige, so der Regiments-Feldscherer von Löblichen Fürstenbuschischen Regiment, samt beiden neben unterzeichneten Feldscherers-Gesellen hieroben denen Vampiren betreffend in Augenschein genommen, in allen und jedem der Wahrheit gemäß, und in unserer selbst eigener Gegenwart vorgenommen, visitirt und examiniret worden. Zur Bekräftigung dessen ist unsere eigenhändige Unterschrift und Fertigung. Belgrad, den 26. Jenner 1732.

(L.S.) Büttener, Obrist Lieutenant des Löbl. Alexandr. Regiments.

(L.S.) J. H. von Lindenfels, Fenderich Löbl. Alexandrischen Regiments.


Ein ander dergleichen merkwürdiges Exempel wurde vor einigen Jahren von dem Kaiserlichen Provisor in dem Gradisker District in Hungarn, an die Kaiserliche Administration zu Belgrad berichtet, welches folgenden Inhalts ist: Nachdem bereits vor 10 Wochen, ein in dem Dorf Kisolova, Rahmer District, gesessener Untertan, Namens Peter Plogojovitz, mit Tode abgegangen, und nach Rätzischer Manier zur Erden bestattet worden, hat sich’s in ermeldtem Dorf Kisolova geäußert, dass innerhalb 8 Tagen 9 Personen, so wohl alte als junge, nach überstandener 24stündiger Krankheit, also dahin gestorben, dass, als sie annoch auf dem Tod-Bette lebendig lagen, sie öffentlich ausgesagt, dass obbemeldter, vor 20 Wochen verstorbener Plogojovitz, zu ihnen im Schlaf gekommen, sich auf sie geleget und sie gewürget, dass sie nunmehro den Geist aufgeben müssten; Gleichwie dann hierüber die übrigen Untertanen sehr bestürzet, in solchem noch mehr bstärket worden, da des verstorbenen Peter Plogojovitz Weib, nachdem sie zuvor ausgesagt, dass ihr Mann zu ihr gekommen, und seine Oppanki oder Schuhe begehret, von dem Dorf Kisolova weg, und sich in ein anders begeben. Sintemal aber bei dergleichen Personen, (so sie Vampyri nennen) verschiedene Zeichen, als dessen Körper unverwest, Haut, Haar, Nägel an ihm wachsend zu sehen sein müssten, als haben sich die Untertanen einhellig resolviret, das Grab des Peter Plogokovitz zu eröffnen, und zu sehen, ob sich wirklich obbemeldete Zeichen an ihm befinden; Zu welchem Ende sie dann sich zu mir hierher verfüget, und nebst Andeutung vorerwähnten Casus, mich samt dem hiesigen Poppen oder Geistlichen ersuchet, der Besichtigung beizuwohnen: Und ob ihnen schon erstlich solches Factum reprobiret, mit Meldung, dass ein solches vorhero an eine Löbl. Administration untertänig-gehorsamst berichten, und derselben hohe Verfassung hierüber vernehmen müsste. Haben sie sich doch keineswegs hierzu bequemen wollen, sondern vielmehr diese kurze Antwort von sich gegeben: Ich möchte tun was ich wollte, allein, wofern ich ihnen nicht verstatten würde, auf vorherige Besichtigung und rechtliche Erkanntnus mit dem Körper nach ihrem Gebrauch zu verfahren, müssten sie Haus und Gut verlassen, weil bis zu Erhaltung einer gnädigsten Resolution von Belgrad wohl das ganze Dorf (wie schon unter Türkischen Zeiten geschehen sein sollte) durch solchen üblen Geist zu Grunde gehen könnte, welches sie nicht erwarten wollten. Da man dann solche Leute weder mit guten Worten noch Bedrohungen von ihrer gefassten Resolution abhalten kunte, derohalben ich mich mit Zuziehung des Gradisker Poppen, in gemeldtes Dorf Kisolova begeben, den bereits ausgegrabenen Körper des Peter Plogojovitz besichtiget, und gründlicher Wahrheit gemäß folgendes befunden: Daß erstlich von solchem Körper und dessen Grabe nicht der mindeste, sonst der Toten gemeiner Geruch, verspüret, der Körper, außer der Nasen, welche etwas abgefallen, ganz frisch, Haar und Bart, ja auch di Nägel, wovon die alten hinweg gefallen, an ihm gewachsen, die alte Haut, welche etwas weißlich war, hat sich hinweg geschälet, und eine neue frische darunter hervor getan, das Gesichte, Hände und Füße und der ganze Leib waren so beschaffen, dass sie in seinen Lebzeiten nicht hätten vollkommener sein können: In seinem Munde habe ich nicht ohne Erstaunen einiges frisches Blut erblicket, welches, der gemeinen Aussage nach, er von denen durch ihn Umgebrachten gesogen. In Summa, es waren alle Indicia vorhanden, welche dergleichen Leute (wie schon oben bemerket) an sich haben sollten.
Nachdem nun sowohl der Popp, als ich dieses Spectacul gesehen, der Pöbel aber mehr und mehr ergrimmter als bestürzter wurde, haben sie, gesammte Untertanen, in schneller Eil einen Pfeil gespitzet, mit solchem den toten Körper zu durchstechen, an das Herz gesetzet, da dann bei solcher Durchstechung nicht nur allein häufiges Blut, so ganz frisch, auch durch Ohren und Mund geflossen, sondern auch andere wilde Zeichen (welche wegen hohen Respekts umgehe) vorgangen; Sie haben endlich oftermelten Körper, in hoc casu gewöhnlichen Gebrauch nach, zu Aschen verbrannt. Welches dann E. Hochlöbl. Administration hinterbringen, und anbei gehorsamst untertänigst bitten wollen, dass, wenn hierinnen einen Fehler begangen haben sollte, solchen nicht mir, sondern dem vor Furcht außer sich selbst gesetzten Pöbel beizumessen.

Actum. 5. April 1725

Kaiserlicher Provisor im Gradisker Distrikt.


Anhang
Von dem
Kauen und Schmatzen
Der
Toten in Gräbern.

Daß um die Gräber und Beinhäuser manchesmal ein ungewöhnliches Gepolter, Gekrach, oder anderes Getös und seltsamer Schall vernommen werde, ist nichts neues, noch unerhörtes. Man lieset, dass die Teufel den Leichnam des Erzketzers Valentini, von dem geheiligten Ort der Grab-Stätte, bei Nacht, mit großen Geräusch heraus gerissen: Imgleichen, dass Papst Sylvesters des zweiten Gebeine im Sarg gerauschet. Daß solches nicht eben allemal in denen Gräbern der Unselig- sondern auch wohl bisweilen der selig-verblichenen geschehe, vermeinen etliche zu beweisen, mit den Gräbern der heiligen Märtyrer und anderer berühmter Heiligen. Wozu auch Garmannus in seinem gelehrten Tractätlein, de Miraculis mortuorum, mit einstimmet; indem er das Zeugnis S. Hieronymi anziehet, welcher schreibt, dass die Teufel bei den Begräbnissen Elisä. Johannis des Täufers, und des Abdiä (oder Obadiä) zu brüllen pflegen. Wiewohl der angezogene Ort Hieronymi eigentlich sonst auf diejenige böse Geister zielet, welche aus den besessenen brülleten und schrieen, wenn man dieselbe zu den Ruhe-Stätten der heiligen Märtyrer führte, wobei man, in der ersten Kirchen sich zum Gebet und anderm Gottesdienste zu versammeln pflegte.
Insonderheit sollen diese verdammte Mord-Geister, bei oder kurz vor obhandener Pest, mehrmalen unterschiedliche Vorzeichen in- oder bei denen Grab-Stätten geben; laut gemeiner Aussage. Warum sie solches tun, steht leicht zu begreifen. Sie sind überaus ehrsüchtige Geister, die in allen Sachen einen Schein Göttlicher Vollkommenheit, zumal der Allwissenheit suchen, und solchen durch dergleichen Vordeutungen obhandener Niederlagen oder großer Sterb-Seuchen, bei gemeinen Leuten zu finden, oder aufs wenigste sich damit groß und hoch verwunderlich zu machen hoffen: Immaßen dem Satan kaum etwas so schmerzlich tut, als die Verachtung bei den Menschen.

Nicht unfüglich fügen andere auch diese Beweg-Ursachen hinzu: Die bösen Geister merken, dass Gott erzörnt, und die Zeit seiner Strafe kommen sei; weil ihnen nun solches eine herzliche Lust, Freude und sonderbare Ergötzung ist: als geben sie solche ihre Frolockung durch allerlei schröckhafte Vorzeichen zu vernehmen.

Ich halte aber, es geschehe nicht aus jetztbemeldten Ursachen allein, sondern noch aus drei- oder viererlei andern. Denn es will drittens der leidige Bösewicht der Menschen auch damit spotten: sintemal er der allerherbste Spott-Vogel ist. Und (fürs vierte) will er ihnen gern damit Furcht und Schrecken einjagen; zumal denen, die es selbst hören: auf dass sie kleinmütig werden, oder wohl gar darüber erkranken, und , so es Gott verhängt, durch jählingen Schrecken desto leichter die Pest an den Hals bekommen mögen.

Fünftens trachtet er denen Leuten dadurch abergläubische Gedanken und Einbildungen einzudrücken, als ob er entweder notwendig nun dieser oder jener sterben müssen; oder, ob werde ein solches Geräusch, Getös und Gepolter von den Seelen der Angestorbenen erregt.

Heutiges Tages aber, da man Gott lob! Wohl weiß, dass der Teufel keine Göttliche Allwissenheit habe, und dennoch nicht leugnet, dass er sehr viele Dinge durch gewisse Merkzeichen zuvor wisse, ist (sechstens) meines Vermutens sein fürnehmstes Absehen und Hoffen dieses: Daß er die Herzen, welche nicht fest an Gott hängen, hierdurch neige, und lüstern mache zur Wahrsagerei: Damit sie zu den Hexen und Wahrsagern gehen mögen, wann ihnen etwas gestohlen, oder eine unheilsame Krankheit zugestanden, oder sonst eine Lust ankommt, den Ausgang dieses oder jenes Handels vorher zu erfahren; was für einen Bräutigam sie zu gewarten haben: wie lang ihr alter Mann, oder altes Weib, noch Brot fressen, und ihrem Verlangen nach einer neues Speise im Wege stehen werde? Oder was ihnen sonst für Glück und Unglück in ihrem Leben bevor stehe? Wie dann der Gottlosen Leite keine geringe Anzahl ist, die aus solchen Ursachen entweder die Hexen, oder die Hexenmeister, oder die selten bessere Zigeuner (welchem Geschmeiß billig keine Christliche Obrigkeit einen einigen Tritt auf dero Grund und Boden gestatten sollte) zu Rat ziehen, und auf dergleichen fürwitzige Fragen, gewissen Bericht von ihnen verhoffen. Dann mit solchem Angel gelüstender Vorwissenschaft sähet der Teufel viel tausend Seelen, und reißt die, so Gott nicht recht vertrauen, viel tiefer damit in Gottes Ungnade und gerechten Zorn.

Auf solches Ziel, nämlich auf vorgedachtes unterschiedliches Absehen, streichet es alles zu, was man in den Gräbern und auf den Kirchhöfen, oder auch vor den Wohnhäusern derer, daraus mit nächstem eine Leiche getragen werden soll, düsterliches und schauerisches siehet oder höret. Da stimmet er gleichsam und bewegt bald den Nachtvogel zum schreien; Bald den Hund zum abscheulichen und ungewöhnlichen Heulen. Bald läutet er eine Glocke in den Häusern: Bald rumort oder klopft er in den Leichtruhen oder Gräbern.

Maßen man unter andern im Jahr 1665 zu Lützen in eines Schusters Grabe ein starkes Klopfen gehöret. Es bezeuget auch oben benannter Herr Garmann in seiner curiosen Schrift von den wunderbarlichen Sachen der Toten, dass er nebst andern einmals zu Merseburg selber auch dergleichen gehöret, indem man daselbst eine gewisse Mannsperson zur Erden bestätiget hat.

Vor allen ist dieses insonderheit abenteuerlich, und einer Betrachtung wohl würdig, dass, wenn giftige Sterb-Seuchen grasssiren, bisweilen die Toten, bevorab die, so weiblichen Geschlechts sind, ihre Grab-Tücher, Toten-Mender, und anderes Leichen-Gerät belecken, ja, mit einem lauten Schall nicht anders daran saugen, als ob man eine Sau schmatzen hörte; und so weit sie mit dem Maul um sich her reichen können, alles auffressen.

Von solchen in und außer dem Grabe unruhigen Toten (oder vielmehr Teufeln) werden unterschiedliche Exempel gefunden: Deren sonderlich diese zwei denkwürdige in des Hagecit Böhmischen Chronik zu lesen. Im Jahr 1337 hat sich in Böhmen in einem Dorfe, mit Namen Blow, eine Meile Wegs von der Stadt Cadan, zugetragen, dass ein Hirte mit Namen Myßlata gestorben und bei der Kirchen begraben worden. Derselbe stand alle Nacht auf, ging in den Dörfern herum, und erschreckte die Leute, und redete ihnen nicht anders, als wenn er noch am Leben wäre. Wobei es aber nicht geblieben, sintemal er auch etliche derselben erwürget hat, und vor welches Wohnung er kommen, und jemanden mit Namen genennet, derselbe musste sterben, ehe dann acht Tage vorbei gingen.

Solches Übel zu dämpfen, kamen die Nachbarn desselben Dorfs so wohl, a la auch aus den umliegenden Dörfern zusammen, berieten sich, ließen ihn ausgraben, und ihm einen eichenen Pfahl durch den Leib schlagen: Dessen er aber nur gelacht (oder vielmehr sein Gespenst; Denn ihm selbsten wird in der Höllen nicht viel Lachens zu mute mehr gewesen sein) und gesprochen: „Ihr meinet, ihr habt mir einen gewaltigen Possen gerissen, allein ihr habt mir nur einen Stecken gegeben, damit ich mich desto besser der Hunde erwehren kann;“ Und ging folgends dieselbige Nacht herum, und betörte die Leute vielmehr als zuvor.

Die umliegenden Einwohner konnten solches länger nicht dulden, bestellten zwei Henker, ließen ihn ausgraben, und auf einen Wagen legen auf welchem er die Füße, ohnerachtet er gebunden war, streckte, und von und zu sich zog, als wenn er lebte, und brüllte grausamlich, als ein Ochse. Als man ihn nun an einen andern Ort gebracht, auf einen Holzhaufen gelegt, und an die ins Erdreich eingeschlagene Pfähle fest gebunden, stach ihm der eine Henker mit einem zugespitzten eichenen Pfahl in die Seiten, daraus ihm das Blut, gleich als aus einer Röhren oder Rinne, geronnen. Und wie man das Holz unter ihm anzündete, brüllete und schrie er abermals als ein Esel. Da er aber verbrannt gewesen, hat das Übel auch ein Ende genommen.

Anno 1345 hat sich in Böhmen, in einem Städtlein Levin genannt, folgendes zugetragen. Es war nämlich darinnen ein Töpfer )oder Hafner) mit Namen Duchacz, welcher ein Weib hatte dieselbige hieß Brodka und war voll teuflischer Zauberei. Als solches lautbar worden, ermahnten sie die Priester von solchen bösen Taten abzustehen. Und wiewohl sie sich dessen öffentlich enthielte, so trieb sie es doch in geheim. Auf einmal begab sich’s, als sie ihre Geister zusammen gerufen, dass sie desselben Tages des gehlingen Todes starb, niemand wusste es zu sagen, ob sie von ihnen umgebracht, oder sonsten gestorben war. Um dieser Ursache willen, wollte man sie unter fromme Christen nicht begraben, sondern ward auf einem Scheide-Weg verscharret. Bald darauf wurde gespüret, dass sie herum ginge vielmals zu den Hirten auf dem Felde käme, sich in mancherlei Tiere Gestalt verwandelte, die Hirten erschreckte, und das Vieh verjagte, welches ihnen nicht wenig Bekümmernis brachte. Unter Zeiten ließ sie sich auch in ihrer rechten Gestalt, als wenn sie noch lebete, sehen, darnach kam sie auch vielmals, so wohl in oben genannten Städtlein als in den umliegenden Dörfern, in der Leute Häuser, und erschien in mancherlei Gestalt, redete mit den Leuten, erschreckte ihrer viele und brachte etliche gar ums Leben. Die Nachbarn des Städtleins, und die Bauern aus den umliegenden Dörfern vereinigten sich, und ließen sie durch einen hierzu tüchtigen Mann ausgraben. Als solches geschehen, konnten alle anwesenden Leute sehen, dass sie ihren Schleier, so sie auf dem Kopf gehabt, die Hälfte in sich hinein gefressen, welchen man ihr ganz blutig aus dem Halse heraus gezogen. Man ließ ihr darauf zwischen die Brust einen Eichenen Pfahl schlagen, auf welches ihr das Blut aus dem Leibe floß, als aus einer Rinde, worüber sich männiglich verwunderte, inzwischen wurde sie also wieder verscharret.

Nach kurzer Zeit aber ließ sie sich wiederum sehen, vielmehr als zuvor, erschröckte und tötete die Menschen, und welche sie umgebracht, auf denen sprang sie mit Füßen herum. Derowegen wurde sie durch denselben vorigen Mann wiederum aufgehackt, und befunden, dass sie den Pfahl, welchen man ihr in den Leib geschlagen gehabt, heraus gerissen und in Händen gehalten. Weswegen man endlich den teuflischen Schelmen-Balg mit samt dem Pfahl verbrannte, und die Asche, samt dem Erdreich ins Grab streute. An der Stätte, wo der Körper verbrannt worden, hat man etliche Tage über einen Wirbel-Wind gespüret, aber sonst hernach weiter von ihr nichts gesehen, noch einige Ungelegenheit mehr erlitten.

Es gedenkt auch Zeilerus in seien Trauer-Geschichten: Es habe zu Eiwanschitz in Mähren im Jahr 1617 und 18 zu unterschiedlichen malen von glaubwürdigen Bürgern des Orts erzählen hören, dass daselbst vor etlichen Jahren, ein dem Ansehen nach ehrlicher Bürger, auf dem Kirchhofe selbiger Stadt beerdigt worden, aber stets bei der Nacht aufgestanden sei, und Leute umgebracht habe. Dieser ließ allezeit seinen Sterb-Kittel bei dem Grabe liegen, und wenn er sich wiederum niederlegte, zog er denselben wieder an. Es wurdens aber einmals die Wächter auf dem Kirch-Turm gewahr, als er von dem Grabe wegging, eileten derohalben hinab, und trugen ihm den Grab-Kittel hinweg. Da er nun wieder zum Grabe kommend, seinen Kittel nicht antraf, rief er ihnen zu, sie sollten ihm den Kittel wieder geben, oder er wollte ihnen allen die Hälse brechen. Welches sie auch in großem Schrecken getan.

Aber nachmals musste der Henker ihn ausgraben, und zu Stücken zerhauen; Worauf man weiter nichts gespürt. Der Scharfrichter zog ihm einen langen großen Schleier aus dem Maul hervor, welchen er seinem Weibe vom Kopf gefressen hatte. Diesen zeigte der Nachrichter dem umherstehenden Volk, und rief: Schauet, wie der Schelm so geizig gewesen! Nachdem er aus dem Grabe genommen war, sagte er noch: Sie hätten es jetzo wohl recht getroffen, sonst wann sein Weib auch gestorben, und zu ihm gelegt wäre worden, wollten sie beide die halbe Stadt umgebracht haben.

Kornmannus in seinem Tractat de Miraculis mortuorum schreibt, es bezeuge die Erfahrung, dass etliche Toten in den Begräbnissen ihre Kleider aufgefressen, und sage man, dass hierauf bald ihre nächste Verwandte sterben. Und Hondorff gedenket, es habe in einen Dorf ein begrabenes Weib im Grabe sich selbst angefangen zu fressen.

Rollenhagen bringt gleichfalls ein Exempel vor, nebst dem Bericht, dass man dem Verschiedenen, bevor ihm der Mund geschlossen worden, einen Stein und Pfennig ins Maul zu stecken pflege, damit, wenn er im Grabe anfinge zu beißen, er einen Stein und Pfennig vor sich finden, und des Fressens sich enthalten möge. Solches soll auch, wie er hinzu tut, vieler Orten (zu seiner Zeit) in Sachsen geschehen sein.

Wenn nun solches Ungeheuer, nämlich der Schmatzende Tote, vermerkt wird, nimmts gemeiniglich der gemeine Haufe als eine Vorbedeutung auf, das Sterben werde nicht allein lang anhalten, sondern auch die Leute härter quälen als sonst, und der Tote werde die nächsten Anverwandten bald nachholen.

Damit nun nicht das Übel, wie sie besorgen, größer werde, und weiter Unheil daraus entstehe, bemühen sie sich demselben auf folgende Weise vorzukommen, und dasselbe aus dem vermeinten Grunde zu heben: Sie öffnen das Grab, reißen dem Toten die von ihm gefressene Tücher und Kittel aus dem Maul, stoßen hernach dem Schlucker mit dem Grabscheit den Kopf ab, der Einbildung, es werde nach dem solchem Sauchen, Schmatzen, Fressen und Benagen, so wohl des Fleisches als des Kittels gesteuert worden, auch der Sterb-Seuche damit Einhalt getan und ein Ziel gestecket sein.

Was aber solches Schmatzens, Saugens und Fressens im Grabe eigentliche Ursache wohl sein mögte, und ob solche Verfahren mit dem Leichnam, wie allererst erzählet worden, zu billigen oder nicht, das gilt Betrachtens.

In der bloßen Natur wird man schwerlich allhie einen Grund finden; Dann dass vielleicht das Tier Hyaena (oder Vielfraß) welches sonst gern die Gräber visitirt, und die Toten-Körper frisst, solches Getös und Schmatzen im Grabe anrichten sollte, wird kein vernünftiger Mensch glauben. Wahr ist es, dass selbiger Vielfraß die Begräbnisse aufgrabe, die tote Leichnam hervorziehe, und nach seiner Höhlen trage, bei welcher man gemeiniglich einen großen Haufen von Menschen-Beinen, und Aas-Knochen findet. Weswegen die Türken, wie Busbequius schreibet, ihre Begräbnisse mit schweren Steinen bedecken, damit ihre Verstorbenen für diesen Tieren, wie auch vor Hunden und Wölfen desto sicherer liegen mögen. Aber der Vielfraß frisst die Körper oder Toten-Gerippe, und nicht die Kleider. Es wird auch nur ein gewisser Teil des Leibes bisweilen befressen, da hingegen der Vielfraß den ganzen Körper verzehret. Das Grab bleibt bei dieser Begebenheit zugescharret und unaufgegraben, der Vielfraß aber muß es erst aufgraben, so er den Toten erreichen will. Und welches das allermeiste, so geschichet dies seltsame Toten-Schmatzen in solchen Ländern, darin gar kein Vielfraß ist.

Eben so schlechten Schein hat es, dass es Fragens oder Nachdenkens wert wäre, ob etwa die Nacht-Vögel Striges, so man sonst Uhu nennet, (wiewohlen manchmalen auch die Hexen dadurch verstanden werden) hieran schuldig sein sollten. Dann gemeldte Nacht-Vögel sind auch schon bei den Alten sonst im Geschrei, dass sie so wohl den Säuglingen, als den Säug-Ammen selbsten bei Nacht die Brüste saugen, ingleichen auch mit ihren Schnäbeln die Ziegen melken, und großen Appetit zu Menschen-Blut haben- Maßen neben andern der alte Poet Ovidius dessen in seinen Schriften Meldung tut, dass es nämlich seien fraß-gierige Vögel, der Kopf sei groß, die Augen stehen ihnen weit, und starren gleichsam, und der Schnabel sei ihnen zum Raube gewachsen: Sie haben graue Federn, und krumme Klauen mit langen Nägeln: Fliegen zu Nachts herum, greifen die Säuglinge an, raffen sie mit sich fort aus der Wiegen, und verderben sie, indem sie ihnen das Blut auszapfen etc.

Daß es nun dergleichen Vögel, so viel die Gestalt betrifft, gebe, stehet nicht zu zweifeln; Denn es sind keine andere, als die Nacht-Eulen, aber dass sie den Ziegen die Milch, und den kleinen Kindern das Blut aussaugen sollten, ist falsch. Welches auch Plinius bezeuget, wann er schreibt: ER halte für ein Mährlein, dass die Striges, oder Nacht-Vögel den Kindern die Brüste sollten aussaugen, so wüsste man auch nicht, was es für ein Vogel sei.

Es möchte leicht, wie Garmannus vermeinet, jemand einwenden, dass gleichwohl bisweilen den Kindern wirklich das Blut also ausgesogen werde; Maßen der berühmte Dänische Medicus, Thomas Bartholinus solches mit diesem Exempel vergewissert: Drei kleine Kinder eines Priesters zu Lykisholm in Fünnen, welche in ihrem gewöhnlichen Gemach beisammen schliefen, weineten und schrien ungewöhnlich, und erzeigten sich überaus unruhig, weil sie fühleten, dass sie von jemanden würden gleichsam gemelket oder ausgesogen. Und als die Eltern solchen kleinen Knaben ihre Brust-Warzen (oder Zitzen) besahen, welches wie einer säugenden Frauen weit heraus gezogen waren, fand sich’s, dass der Kinder Argwohn nicht vergeblich wäre, darum bestrich man ihnen die Brüste mit bittern Säften. Hierauf ward ihnen der Nabel so hart aus- oder hervor gezogen, dass er nicht allein augenscheinlich heraus stund, sondern auch das eingedruckte Merkmal zeigte, dabei man die Größe des Mauls, so daran gezogen hatte, gar känntlich abnehmen konnte.

Die Gewissheit dieser Geschichte lässt man gar gern zu: Allein dass solches eine Arbeit bemeldter Nacht-Vögel sei, muß erst erwiesen werden. Wie sollten dieselbe zu einem versperrten Zimmer hinein kommen? Man würde ihrer ja ansichtig werden. Darum ist es Hexenwerk gewest, und durch des höllischen Nacht-Vogels Mitwirkung geschehen.

Es ist sonst auch ein fast gemeiner Wahn unter gemeinen Leuten, dass ein Nacht-Gespenst (welches man in Sachsen die Jüdgen nennet) den Leuten bisweilen das Haar sauge, und mit seinem Speigel ihnen dasselbe als wie mit einem Leim zusammen kleistere. Daraus alsdann, ihrer Meinung nach, die Mahrlocken, oder Mahrenfelchten, oder (wie sie anderer Orten benamet werden) die Schrötlings-Zöpfe entstehen. Schenckius erzählet in seinen Medicinischen Observationen einen merkwürdigen Verlauf, so in seiner Nachbarschaft und zu seiner Zeit vorgegangen: Daselbst kam eine Magd in Verdacht, als ob sie schwangeres Leibs wäre, und nachdem ungefähr ein ertränktes Kind angetroffen worden, ging das Gerücht, sie hätte ihre Leibes-Bürde heimlich abgeleget, und erstickt oder ertränket. Als solches dem Richter zu Ohren gekommen, wird sie gefänglich eingezogen, und wegen beharrlicher Ableugnung von den Ammen besichtiget. Welche nach Überlegung der Sachen einhellig dahin stimmten, sie habe heimlich geboren, zumal weil ihre Brüste Milch gaben. Jedermann hielt sie nun für genugsam überwiesen, und für eine Kinds-Mörderin; Allein sie fand bei einer so verzweifelten Sache doch eine Ausflucht, vorwendend, sie hätte die Jüdgen, welche durch nächtliche Brüste-Säugen die Milch zuwege brächten: Zeigte auch zugleich einen Mahrlocken an ihrem Kopfe. Man brachte sie dennoch an die Folter, aber weil sie auf ihrem Vorwand steif und fest bestund, ward sie endlich losgesprochen. Daß nun das Saugen und Schmatzen der Toten, entweder mit den Mahrflechten, oder mit dem Saugen oberwähnter Nacht-Vögel, einige Gemeinschaft haben sollte, kann ich noch zur Zeit nicht absehen.

Was aber die Herrn Ebräer von der Schlangen Azazel fabuliren, dass dieselbe den Menschen-Körper in der Erden nage und verzehre: Ingleichen von einer gewissen Maus, welche den Leib, so bald derselbe nur der Erden einverleibet worden, alsofort anhebe so grausamlich zu beißen, dass er darüber laut schreien müsse, lassen wir ihnen, für einen bekannten Juden-Schnitt, unaufgehalten passiren, und die Feder mit mehrere Erörterung solches Geschwätzes unbemühet. Keines bessern Werts ist fast das Mährlein des gemeinen Pöbels, welches den Toten-Gräbern hierin die Schuld zueignet, mit dem Vorgeben, wann dieselbe den Toten aufs Angesicht, das ist, mit dem Antlitz unter sich legen, oder ihm Haare in den Mund tun, und keinen Erden-Kloß unter das Kinn legen, so werde ein solches Spiel daraus.

Pausanias, wiewohl ein Heide, zielet doch viel besser und etwas näher, wenn er schreibt: Man habe von den Priestern zu Delphis die Nachricht empfangen, nämlich ein sonderbarer Teufel, der lange und ausstehende Zähne, einen schwärzlich-blassen und totfarben abscheulichen Körper habe, und mit einem Fuchs-Balge umkleidet sei, fresse und verzehre denen Toten dermaßen das Fleisch vom Leibe, dass ihnen kaum die bloßen Gebeine übrig bleiben. Hier hat der Satan von sich selbsten einige Wahrheit, doch mit Lügen vermenget, gesaget.

Beim Saxone Grammatico lieset man eine abenteuerliche Erzählung dieses Inhalts: Assuit und Asmund zween vertrauteste aber heidnische Freunde verschwuren sich gegen einander, welcher von ihnen beiden den andern überlebe, der sollte sich mit dem andern lebendig begraben lassen. Nachdem hernach Assuit an einer Krankheit gestorben, hat den Asmund seine Freundschaft und eidliche Verbindung bewogen, sich in eine große Höhle oder weite Grube, darin man den Leichnam seines verblichenen Freundes, mit einem Hunde und Pferde gebracht hatte, versperren zu lassen. Wiewohl er ziemlich viel Speise zuvor mit sich hinein genommen, auf dass er eine lange Zeit davon zu leben hätte. Endlich marschiret daselbst einstmals König Erich mit dem Kriegs-Heer vorbei, und weil er vermutet, es liege allda ein Schatz vergraben, lässt er die Grab-Höhle des Assuits öffnen, den Asmund heraus, und wieder ans Tages-Licht führen, welcher im Angesicht ganz wüst und hässlich aussahe, und mit Eiter und Blut überflossen war: Dann Assuit war bei Nacht-Zeiten wieder lebendig worden, hatte mit dem Asmund gerungen, und ihm das linke Ohr herab gerissen. Gestaltsam dieser, als der König ihn gefragt, woher er die Wunde bekommen, dieses zur Antwort gegeben.
Was entsetzet ihr euch, dass ich euren Augen einen so grässlichen Anblick darstelle? Wer lebendig seinen Aufenthalt bei denen Toten hat, der kann leicht so gräulich, wüst, blaß und ungestalt werden. Assuitens Geist ist aus der Höllen-Schlund herauf gestiegen, und nachdem sein Maul und grimmigen Zähne das Roß und auch den Hund gefressen, war er dennoch damit nicht satt: ER warf gleich einem Wolfe, auch mir die scharfen Klauen ins Angesicht: Er riß mir die Backen entzwei, dabei ich auch mein Ohr mit eingebüßet. Allein es ging doch so dem Ungeheuer nicht ich, ich griff darauf zum Schwert, und spaltete ihm den Kopf, den Leib aber habe ich, zu meiner Revange, mit einem Pfahl durchstoßen.

Diese Abenteuer scheinet zwar etlichen Umständen nach, einer Fabel gleich, doch dann gleichwohl in etlichen Stücken etwas daran sein: Nämlich so viel, dass man des Asmunds, oder eines anders verstorbenen Toten-Körper, bald nach dessen Beisetzung, und noch vor der Verwesung wieder gefunden, der etwa von einem unterirdischen Grab-Gespenste auf obbeschriebene Art übel zugerichtet zu sehen gewesen, wozu man hernach etwas mehrers gedichtet. Es dürfte aber auch wohl wirklich geschehen sein, dass Asmund zu dem Assuit sich lebendig versperret habe, (weil die alte Nord-Völker teils aus Ruhmsucht, teils aus vermeinter Treu und Pflicht viel seltsames Ding unternommen;) und dass dam einige Zeit hernach, da er unterdessen von den bei sich habenden Speisen gelebt, auch vielleicht durch verborgene Ritzen etwas Luft genossen, ihn aus Vermutung eines Schatzes wiederum hervor gebracht: Oder dass er gar bald unter der Erden vom Gespenste auf vernommene Weise tractiret worden sei, (dann der Geist des Unglaubens ist mächtig über die Kinder des Unglaubens) oder auch, dass, nachdem er vorlängst erstickt war, der Teufel in seiner Gestalt, und mit dem toten Leichnam des Assuits umgeben, dem König Erich also erschienen wäre.

Wiewohl nun dies lauter Ungewissheit, und keinen rechten Grund hat, folgends auch keines rechten Schlusses fähig ist, spüret man doch so viel daraus, dass schon damals der schmatzende Tod, wo nicht dem Namen, doch der Wirkung nach, unter den Heiden bekannt, und ruchbar gewesen.
Anderst würden sie, im Fall dieses Vorgeben von dem Assuit und Asmund gleich ein nur lauteres Mährlein wäre, solchen Umstand nicht leicht darzu gedichtet haben, dass nämlich dem Asmund das Ohr im Grabe abgefressen worden, und er deswegen den Leichnam des Fressers einen Pfahl durch dem Leib getrieben. Dann daraus gehet die starke Mutmaßung, es sei dieses Mittel, das Schmatzen und Fressen des Toten zu stillen, bei den alten Heiden schon üblich gewest.

Unterdessen hat man im geringsten nicht zu zweifeln, dass solches Saugen, Schmatzen, Kauen und Fressen des Toten, anders nicht, als des Teufels Gaukelei, Gespenst, Betrügerei und Bosheit, welcher unter des begrabenen Person ein solches Schmatzen, Lecken und Beißen im Grabe verübet.

Gleichwie nun dieser boshafte Geist, fürnehmlich bei Pest-Läuften, da er Gottes Scharfrichter ist, große Gewalt hat, also kann er auch auf Gottes Verhängnis, nicht allein eine Pestilenz, so über den ganzen Erdboden sich ausbreitet, erregen, sondern ist auch, als ein rechter Verderber und Würg-Engel bemühet, durch mancherlei Schreck-Possen, zum Untergange menschlichen Geschlechts, solches Verderben zu erweitern, und fortzusetzen.

Oben besagter Garmannus vermutet auch nicht ohne Vernunft, dass solches Spiel eben sowohl bisweilen von den Zauberern und Hexen angerichtet werden könne, wovon wir Exempel genug anzuführen im Stande wären, wann wir nicht uns der Kürze befleißen wollten.

Inzwischen mögte man sich billig verwundern, warum der Teufel, als ein so verschmitzter Geist, solche alberne Gaukel-Possen mit den Toten treibe, und nicht vielmehr unterdessen auf andere Ränke sinne, womit er die Menschen überlisten und fahen könnte.

Aber man muß betrachten, dass dieser schädliche Menschen-Verderber seine allerschlaueste List oft mit dem allereinfältigsten Schein von außen verlarve, und keine unter allen seinen Betrügereien so lächerlich sei, oder so albern und tölpisch scheine, darunter er nicht der Menschen Verderben suche, und einen schädlichen Hinterhalt verdecke.

Belangend nun die Frage, ob es billig und recht, dass man solche schmatzende Toten aufgrabe, ihnen die Leich-Tücher oder Sterb-Hemder aus dem Maul reiße, und den Kopf abstoße? So wollen solches, weder die Natur- und Arznei-Verständige, noch die Politici, noch die Rechtsgelehrten, noch die Theologen allerdings billigen.

Der Natur-Kündiger und Arznei-Verständige widerrät es, um der bösen schädlichen Dämpfe willen, so aus dem Grabe heraus dünsten, und eine Pest erwecken könnten: Derohalben nach seinem Rat das Grab ungeöffnet bleiben sollte. Ob man gleich vorgibt, dies Abenteuer sei entweder eine Ursache, oder ein Zeichen der Pestilenz: gewinnen solche Leute doch damit keinen Fug, also zu verfahren. Dann eine Ursache kann es gar nicht sein: Weil, ehe sich der schmatzende Tote hören lässt, manchmal die Pest allbereit ihrer viel schon hat aufgerieben; auch sonst kein Beweis zu geben steht, dass hierdurch die Sterb-Seuche ins Zunehmen geraten sollte. Gesetzt aber, es sei ein Zeichen: Was hilft es dann, dass man das Zeichen wegräumet, so man die Ursache nicht aufheben kann? Wann gleich das Vorzeichen wird weggeschafft; ist damit der Erfolg noch nicht gleich verhindert, oder abgeschnitten. Wann gleich (schreibt Garmannus gar recht) der Comet verschwunden; sind darum Pestilenz, Hunger und Krieg noch nicht verschwunden.

Der Politicus und Rechtsgelehrte werden auch nicht loben; sondern sagen, dass die Gräber bei allen honnetten und höflichen Völkern der unverstörlichen Ruhe gewidmet, unversehrlich, Gewalt-frei und gleichsam heilig geachtet worden: Dannenhero auch in Rechten gedacht wird, dass die Vorfahren es für ein Sacrilegium oder grobe Übeltat, und als wie einen Kirchen-Bruch, gehalten, so man die Steine von den Gräbern wegnehme, den Wasen daselbst ausraufte, und das Erdreich aufgrübe. Ja es wird die Gewalt-Tat an den Gräbern und Verstreuung der Aschen für das ärgste Schelm-Stück gerechnet. Deswegen hat man auch nicht leicht über einen toten Körper die Hand der Justiz ausgestreckt, oder einige gerichtliche Strafe ergehen lassen; wofern der Täter nicht die Göttliche und weltliche Majestät beleidiget, oder verfluchte Hexen-Taten und abscheuliche Zauberei begangen. Maßen die Beraubung oder ab-Erkenntnis der Begrabung von den Rechtsgelehrten jederzeit unter die größeste und härteste Gerichts-Strafen gezählet worden. Daraus dann leicht zu ersehen, wie übel und unverantwortlich dem Begrabenen geschiehet, wenn man ihn um bedeuteten Wahns willen, wieder aufgräbet und köpfet.

Der Theologus wird sprechen, er laufe wider die heilige Schrift, welche die Toten zu fragen verbeut; Nun sei aber dieses gleichsam eine Befragung der Toten, wann man von ihnen ein Vorzeichen der Pestilenz nimmt: Es werde dadurch der Aberglaube fortgepflanzt; Könnte der tote Körper eine Pest erwecken, so wäre Gottes Allmacht und Providenz nichts: Wann es aber je wirklich also geschehe, so käme es anders nicht, als aus Göttlicher Zulassung her, und würde demnach solches abergläubige Mittel den Göttlichen Willen nicht ändern, sondern vielmehr seinen Zorn zur Rache wetzen. Gestaltsam etliche Theologi dafür gehalten, die Pets risse um solches Aberglaubens willen noch ärger ein.

Wie wann aber die Verstorbene eine Trude (oder Hexe) gewest, welche ein Sterben erregt hätte, und solches nach ihrer Beerdigung eher nicht nachließe, bis man ihr im Grabe den Kopf abgehauen? Es erfordert dies aber zuvorderst einen klaren gerichtlichen Beweis, und Überführung, dass es eine Hexe gewesen, und alsdann wird die Obrigkeit wissen, was ihr Amt erheischet. Privat Leuten steht nicht zu, derselben vorzugreifen, oder sich einer Eröffnung des Grabes eigen-willkürlich anzumaßen. Demnächst gilt es noch fragens, ob die verstorbene und begrabene Hexen auch eine Pest erregen können, oder jemals erregt haben? Und ob man darum ihnen im Tode den Hals abstoßen solle?

Einmal kann man nicht leugnen, dass die Zauberinnen, wann sie noch am Leben, auf Göttliche Verhängnis in vielerlei Weise die Brunnen und Wasser vergiften, oder sonsten denen Leuten allerhand giftige und zauberische Sachen an die Fenster, Bänke, Haustüren bisweilen auch wohl an die Kirchtüren streichen, oder streuen, (welches Seneca Pestem manu factum, eine mit der Hand gewürckte Pestilenz nennet) und ihnen auf solche Art die Pest zubringen können. Wie dann auch nicht zu leugnen, dass ebenfalls, nach dem Tode solcher verfluchten Bestien, eine Pest erfolgen könne. Daß aber solche Pest den verstorbenen Hexen alsdann zuzuschreiben sei, wird daraus nicht folgen.

Die Städte und Republiken (schreibet Garmannus) mögen ihnen selbst vielmehr dessen Schuld geben, weil sie dem Göttlichen Donner-Wort wider die Unholden (die Zauberer solt du nicht leben lassen) nicht genug getan. Darum, weil solche Teufels-Sklaven der Höllen oder des Scheiterhaufens würdiger, als einer ehrlichen Begräbnis; hat alsdann Zweifels ohne die Göttliche Gerechtigkeit mit so seltsamer Begebenheit und harten Strafen die Obrigkeit gleichsam anspornen wollen, dergleichen Unmenschen nach dem Tode noch einer Strafe und Schmach zu unterwerfen. Maßen es nicht mangelt an Exempeln, durch welche Gott zu erkennen gegeben, dass die verfluchte Leiber dieser Gottlosen nicht wert, von der Erden, die seiner Füße Schemel ist, bedeckt zu werden, etc.

Was will nun hieraus anders geschlossen werden, als dass, wenn unbetrügliche Anzeigungen, Beweistümer und Zeugnisse vorhanden, die verreckte sei eine Hexe gewesen, doch aber ehrlich begraben worden, alsdann sei billig, auf Obrigkeitlichen Befehl, wieder heraus geworfen, und (gestalten Sachen nach) entweder noch verbrannt, oder an einen unehrlichen Ort eingeäschert werde? Wie man dessen unterschiedliche Beispiele vorstellen könnte, wenn es die Weitläufigkeit nicht hinderte.